• Politik
  • 75. Jahrestag der Staatsgründung Israels

Israelische Araber stehen oft in der zweiten Reihe

Der Umgang mit nicht-jüdischen Staatsbürgern und Minderheiten sorgt bei den Betroffenen für Frustration

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.

Für die einen ist der Tag der israelischen Unabhängigkeit ein Tag der Freude, des Patriotismus’. Für die anderen symbolisiert er die »Nakba«, die Katastrophe, die Hoffnung auf einen eigenen palästinensischen Staat im gesamten Gebiet westlich des Jordans verloren zu haben. Doch während einige arabisch-israelische Parteien und Organisationen sowie die palästinensischen Führungen im Westjordanland und Gaza das Konzept der Nakba propagieren und Einigkeit in dieser Frage betonen, sieht die Gemütslage in der arabischen Gesellschaft in Israel sehr viel differenzierter aus. 21,1 Prozent der israelischen Bevölkerung sind Araber*innen.

Die arabischen Israelis lehnten lange Zeit den Staat Israel ziemlich geschlossen ab oder versuchten ihn wenigstens so gut es geht, zu ignorieren. Die Wahlbeteiligung war Jahrzehnte lang stets gering; dass eine arabische Partei in einer Regierung sitzen könnte, galt als nahezu ausgeschlossen.

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Aber das ändert sich seit ungefähr zehn Jahren: Bezeichneten sich die meisten früher noch als »israelische Araber« oder »48er-Palästinenser«, ist nun öfter die Selbstbezeichnung »arabischer Israeli« zu hören, wenn man danach fragt. Gleichzeitig haben die Debatten über israelische Politik zugenommen, haben die Angelegenheiten der palästinensischen Autonomieverwaltung im Westjordanland an Bedeutung verloren. Wie man zur palästinensischen Regierung, zur Hamas, zum Präsidenten Mahmud Abbas steht, zeigt sich am besten, wenn Meinungsforscher*innen danach fragen, ob die Menschen im »Dreieck«-Teil Bürger*innen eines palästinensischen Staats werden wollen würden. Nein, wollen sie nicht, zu mittlerweile 81 Prozent, so eine Umfrage Ende vergangenen Jahres. Das »Dreieck« ist die Region in Israel nördlich des Westjordanlands an der Grenze zu Jordanien, in dem Araber*innen die Mehrheit stellen. Zuletzt war das Konzept des Landtauschs Anfang der Nullerjahre ernsthaft diskutiert worden und schon damals auf Ablehnung der arabischen Bevölkerung gestoßen.

Was nun vor allem für Ärger sorgt, ist das Gefühl, vom Staat ignoriert und von seinen Institutionen diskriminiert zu werden. Araber*innen werden öfter von der Polizei durchsucht und festgenommen. Zur Bekämpfung der Kriminalität in arabischen Gebieten tut die Regierung indes wenig. Und wer außerhalb der arabischen Gebiete eine Wohnung sucht, hat dabei Schwierigkeiten, denn es gibt ihn, den Rassismus. Und er wird in der jüdischen Gesellschaft und Politik nur zögerlich thematisiert und derzeit sogar von der Regierung offen ausgelebt.

Mit Rassismus konfrontiert zu werden, damit sind die Araber*innen nicht allein. Vor allem Jüd*innen äthiopischer Herkunft haben es im Alltag oft extrem schwer. Einst mit großer Fanfare ins Land geholt, konnten sie nie recht Fuß fassen. Die (weißen) Rabbinate verlangten, dass diese Menschen ihre Riten ändern, gar den gesamten Konversionsprozess durchlaufen sollten. Jobs, Wohnungen sind schwer zu finden. Immer wieder werden äthiopische Jüd*innen von der Polizei festgehalten, wird ihnen vorgeworfen, sich illegal im Land aufzuhalten. Denn in Israel haben auch mehrere Tausend Flüchtlinge aus ostafrikanischen Ländern Zuflucht gesucht, meist ohne Aufenthaltsgenehmigung.

Araber*innen, die in Israel leben, haben die Staatsbürgerschaft; Einwohner*innen Ost-Jerusalems können sie beantragen und haben sonst ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht mit dem gleichen Zugang zu sozialer Sicherung, Gesundheitsversorgung und Arbeitnehmerrechten wie alle anderen auch. Doch in der Praxis dauert dort, wo Minderheiten leben, alles bestenfalls ein bisschen länger als anderswo, ist die Infrastruktur bestenfalls ein bisschen schlechter als sonst. Meist wurde über Jahrzehnte einfach kaum etwas gemacht.

Doch nun werden die Forderungen nach umfangreichen Verbesserungen lauter, und das auch, weil die Bereitschaft gestiegen ist, sich an politischen und gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen.

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