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Mit Klaus Lederer geht eine Ära zu Ende
Linke-Kultursenator Klaus Lederer verliert nach über sechs Jahren sein Amt
»So, na dann unterschreiben wir mal«, sagt Berlins CDU-Chef Kai Wegner am Mittwochvormittag im Festsaal des Abgeordnetenhauses zu Noch-Senatschefin Franziska Giffey. Die SPD-Landesvorsitzende und Wirtschaftssenatorin in spe signiert im Anschluss gemeinsam mit Wegner, dem künftigen CDU-Finanzsenator Stefan Evers und SPD-Fraktionschef Raed Saleh nicht nur ihren eigenen Abgang aus dem Roten Rathaus. Der schwarz-rote Koalitionsvertrag besiegelt auch das Ende des ersten Berliner Regierungsbündnisses aus SPD, Grünen und Die Linke.
Über sechs Jahre hat die Koalition gehalten, nicht immer war der Umgang untereinander vergnügungssteuerpflichtig. »Ich bin überzeugt, dass es jetzt in dieser Lage, in der wir sind, der richtige Weg ist«, sagt Giffey bei der Unterzeichnung des neuen Koalitionsvertrags, mit der sie sich selbst und ihrer bei der Wiederholungswahl im Februar abgestraften Partei den Machterhalt sichert.
Während sich CDU und SPD seit Tagen für ihren »Das Beste für Berlin« überschriebenen 135-Seiten-Vertrag feiern, steht mit Ausnahme von Franziska Giffey und SPD-Innensenatorin Iris Spranger für alle anderen Senatsmitglieder Abschiednehmen auf dem Programm. So auch für Klaus Lederer, der sechseinhalb Jahre an der Spitze der Senatskultur- und Europaverwaltung stand. Und vermutlich übertreibt man nicht, wenn man feststellt: Mit dem Linke-Politiker geht in der Hauptstadt vor allem in Sachen Kulturpolitik eine kleine Ära zu Ende.
Unter Lederer wurde nicht nur der Kulturetat von 2017 bis heute von 492 auf 803 Millionen Euro jährlich ordentlich aufgestockt. Vor allem sorgte er dafür, dass der Stellenwert der Berliner Kulturszene insgesamt stärker ins Blickfeld gerückt ist. In der Clubszene und der freien Szene wird er dabei ebenso gefeiert wie in der Oper – gerade auch nach der Unterstützung während der Corona-Pandemie, als sein Haus umfangreiche Hilfsprogramme durchdrücken konnte, mit denen sich viele Kulturschaffende und Institutionen über die für sie tatsächlich existenzielle Krise retten konnten.
»Danke, Klaus!« und »Du wirst uns fehlen«, heißt es zum Abschied dementsprechend von der Clubcommission in einem an Lederer gerichteten öffentlichen Schreiben. Durchaus wehmütig heben die Interessenvertreter der Berliner Clubkultur hier noch einmal »die großartige Zusammenarbeit« und den »immer offenen, klaren und ehrlichen Austausch« mit Lederer hervor. Nichts von alldem sei selbstverständlich.
Auch der Berufsverband Bildender Künstler*innen Berlin spart am Mittwoch nicht mit warmen Worten des Dankes, auch hier insbesondere mit Blick auf die Corona-Programme. So erinnert der Verband daran, dass die Soforthilfen »tausende von Kulturarbeiter*innen« gerettet haben. »Das haben wir dir zu verdanken, und wir werden es nicht vergessen«, schreibt der Verband, ebenfalls direkt an den Linke-Politiker gerichtet.
Schon im Wahlkampf 2021 hatten 100 Berliner Künstlerinnen und Künstler in einer privaten Zeitungsanzeige dazu aufgerufen, bei der Abgeordnetenhauswahl für Die Linke und ihren Spitzenkandidaten Klaus Lederer zu stimmen. »Wir werden verlieren, wenn Klaus Lederer Regierender Bürgermeister wird: den besten Kultursenator, den wir je hatten. Aber für Berlin machen wir das«, hieß es in der Anzeige.
Aus dem Roten Rathaus wurde 2021 bekanntlich nichts. Danach wurde es etwas ruhiger um sein Amt, präsent war Lederer trotzdem die ganze Zeit. Bei einem seiner Lieblingsprojekte biss er gleichwohl bis zuletzt auf sozialdemokratischen Granit: den Planungen für den dringend erforderlichen Neubau der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) am Kreuzberger Blücherplatz, die von der Verwaltung von SPD-Bausenator Andreas Geisel erfolgreich verschleppt worden sind.
Bei der ZLB lässt man nichts auf Lederer kommen. »Klaus Lederer hat schnell die Bedeutung und vor allem das Potenzial verstanden, das Berlins Öffentliche Bibliotheken für die Stadt haben. Und uns dann nachhaltig unterstützt, vor allem bei der Bibliotheksentwicklungsplanung«, sagt ZLB-Sprecherin Anna Jacobi. »Bibliothekspolitisch war dieser Senator ein Glücksfall für Berlin.«
Lederer selbst wirkt mit sich und seiner Arbeit im Reinen. Bereits am Dienstag bilanzierte er: »In den mehr als sechs Jahren meiner Amtszeit als Senator für Kultur und Europa haben wir sehr viel gemeistert und vorangebracht.« Es sei von Beginn an sein Anspruch gewesen, dass Kunst und Kultur für alle zugänglich sein müssen, Kulturschaffende anständig bezahlt und die verschiedenen Kunstsparten gleichermaßen geschätzt und gefördert werden. Sein Fazit: »Das ist uns gelungen – und ich bin stolz, das in dieser Klarheit sagen zu können.«
Aus und vorbei, zumindest vorerst. An diesem Donnerstag soll Joe Chialo für die CDU Lederers Nachfolge antreten. Kai Wegner hat keinen Zweifel an der Qualifikation des 52-jährigen Musikmanagers. »Wer die Kelly Family so erfolgreich gemanagt hat, der managt auch die Berliner Kultur«, sagt Wegner. Chialo selbst sagt über seine Aufgabe: »Mir ist völlig klar, dass der scheidende Kultursenator hier in der Stadt eine große Beliebtheit hat und dass die kommenden Jahre voller Herausforderungen sein werden.« Und: »Es geht nicht nur um die Kultur, es geht auch um die Kreativwirtschaft.«
Durchaus passend scheint in dem Zusammenhang die am Mittwoch bekannt gewordene Kandidatin für den Posten der Kulturstaatssekretärin in Chialos künftiger Verwaltung, für den die Kulturmanagerin und bisherige Rektorin der Musikschule Hanns Eisler, Sarah Wedl-Wilson, vorgesehen ist. Als zweiter Staatssekretär wechselt Oliver Friederici vom Abgeordnetenhaus in die Senatsverwaltung. Bislang war er verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Einem Bericht des »Tagesspiegel« zufolge soll Friederici bei Chialo den Bereich bürgerschaftliches Engagement verantworten, der bisher ein Anhängsel der Senatskanzlei war.
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