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Prozess Dilan S.: Gericht sieht nur in einem Fall Rassismus

Urteile im Prozess um den Angriff auf Dilan S.: Nur drei der sechs Angeklagten werden wegen gefährlicher Körperverletzung oder Beihilfe verurteilt.

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.

Vier der sechs Angeklagten sind am Donnerstagvormittag im Prozess um den rassistischen Angriff auf Dilan S. verurteilt worden. Die Richterin des Amtsgerichtes Tiergarten verhängte drei Freiheitsstrafen auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung beziehungsweise Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung und eine Geldstrafe wegen Beleidigung und Bedrohung. Zwei Angeklagte sprach sie frei.

Jennifer G. und Cornelia R. machte das Gericht für die physischen Angriffe auf Dilan S. verantwortlich. G. hatte Dilan S. an der Tramhaltestelle Greifswalder Straße am 5. Februar 2022 beleidigt, geschlagen und getreten; dafür erhielt sie eine Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung. R. hatte S. an den Haaren gezogen und bekam wegen gefährlicher Körperverletzung eine sechsmonatige Bewährungsstrafe. Heiko S. wurde wegen Beihilfe ebenfalls zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt: Er hatte sich vor einen Zeugen gestellt, der Dilan S. helfen wollte – »dadurch hat er die Tat der beiden Damen gefördert«, erklärte die Richterin. Matthias S. muss eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 55 Euro bezahlen. Jennifer M. und Rene H. hielt das Gericht für unschuldig.

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Die Richterin erkannte nur im Fall von Jennifer G.s Beleidigungen einen rassistischen Hintergrund. Dass die übrigen Angeklagten sich rassistisch geäußert hätten, hielt sie für nicht ausreichend belegt. Mehrere Zeug*innen hatten den gesamten Angriff auf Dilan S. zwar als eindeutig rassistisch wahrgenommen. In den Augen der Richterin ergaben die unterschiedlichen Aussagen jedoch ein »kunterbuntes Durcheinander«, das keine klaren Zuordnungen zu einzelnen Angeklagten erlaubte.

Für widersprüchliche Zeug*innenaussagen machte die Richterin das große öffentliche Interesse an dem Verfahren verantwortlich. Nachdem die Polizei den Angriff zuerst fälschlicherweise als von Dilan S. ausgelösten Masken-Streit dargestellt hatte, »ist die Sache gekippt, und das Narrativ war das genaue Gegenteil«. Besonders in sozialen Medien sei ein eindeutiges Bild von sechs Nazis gezeichnet worden, die ein Mädchen gemeinschaftlich angriffen. Diese Vorverurteilung habe in den Augen der Richterin die Zeug*innen beeinflusst und verunsichert.

Dilan S. hingegen ist froh um die große Aufmerksamkeit. »Dass Leute dabei waren, die wissen, dass ich die Wahrheit erzähle, hat mich auf jeden Fall gestärkt«, sagte sie angesichts der zahlreichen solidarischen Menschen im Publikum. Das Gericht selbst habe den Rassismus in ihren Augen kleingeredet. »Die Vorstrafe wegen Hitlergruß hätte man eigentlich noch mal vorbringen müssen«, sagt sie im Hinblick auf Heiko S. Ihr Anwalt kündigte an, Rechtsmittel zu prüfen, um insbesondere gegen die Freisprüche in Berufung zu gehen. Der Angriff könne durchaus als gemeinschaftliche Körperverletzung aller sechs Angeklagten gewertet werden.

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