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Selbst verletzte Polizisten in Thüringen
Ministerium nennt Zahlen zu Dienstunfällen im Freistaat
Wer Polizist ist, muss im Dienst mit einem hohen Verletzungsrisiko leben. Das ist grundsätzlich bekannt und hat sich auch im vergangenen Jahr erneut gezeigt: Mindestens 161 Gewaltarbeiter des Landes seien 2022 im Dienst verletzt worden, heißt es in der Antwort des Thüringer Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Raymond Walk. Unter den bislang anerkannten Verletzungen seien neben 157 physischen auch vier Fälle von psychischen Beeinträchtigungen. In weiteren zwanzig Fällen werde die Anerkennung als Dienstunfall noch geprüft, schreibt das Ministerium darin. Eine ähnliche Antwort hat der Linke-Landtagsabgeordnete Sascha Bilay auf eine Anfrage erhalten.
Bei Drittverschulden liege oft ein »körperlicher Gewaltakt gegenüber Beamten vor«, so das Ministerium. Die Zahlen aus den vergangenen Jahren zeigten, dass eine stetig wachsende Gewaltbereitschaft gegenüber Polizisten existiere, heißt es in der Antwort an Walk. Immer wieder seien Polizisten auch während Demonstrationen entweder gegen Corona-Schutzmaßnahmen oder gegen die Ukraine-Politik der Bundesregierung attackiert worden. So habe beispielsweise ein Beamter der Landespolizeiinspektion Nordhausen Prellungen und Schürfwunden am Unterarm davongetragen, als sich ihm jemand widersetzt habe, heißt es in den Antworten an Walk und Bilay. Ein Polizist der Landespolizeiinspektion Gotha habe eine Quetschwunde in der Kniekehle erlitten, als ihn ein Tatverdächtiger dort gebissen habe.
Alles in allem habe es 2022 etwa 1350 Straftaten gegeben, bei denen Polizisten Opfer geworden seien. Was aber weit weniger bekannt ist: Das hohe Verletzungsrisiko für Thüringer Polizisten geht längst nicht nur von Menschen aus, die Beamte attackieren oder sich ihnen widersetzen. Unter anderem fiel einem Polizisten in Saalfeld ein 40 bis 50 Kilogramm schwerer Kanaldeckel auf den Fuß, was zu einem Bruch der großen Fußzehe führte. Ein anderer Polizist in Suhl klemmte sich die Hand am Klapptisch eines Dienstautos ein, als das Fahrzeug heftig bremsen musste. Und ein Beamter aus Nordhausen verdrehte sich den Daumen, als er bei einer kriminaltechnischen Untersuchung an einem Leichnam abrutschte. 2021 hatten sich zwei Beamte eigenen Angaben zufolge bei ihren Kollegen mit Covid-19 angesteckt.
In der Tabelle selbstverschuldeter Dienstunfälle werden außerdem Beamte genannt, die stürzen, als sie einen Blitzer abbauen, die sich die Hand an einer Autotür klemmen, die von einem Diensthund gebissen werden, die sich den Kopf an einem Holzbalken in einer Scheune stoßen. Weitere Faktoren seien beispielsweise sogenannte Wegeunfälle, darunter Autounfälle, Fahrradunfälle oder Stürze bei schlechten Witterungsbedingungen. Dienstunfälle beim Dienstsport beträfen etwa Polizisten beim »Zweikampftraining«. In den Antworten auf die Kleinen Anfragen von Walk und Bilay weist das Ministerium fast 60 Dienstunfälle alleine für das vergangene Jahr aus, bei denen es kein Fremdverschulden gab.
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