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Keine Sparkasse, kein Bargeld
Linke möchte flächendeckende Versorgung mit Bankfilialen
Immer mehr vor allem jüngere Menschen erledigen Überweisungen online und bezahlen in Geschäften mit Kreditkarte oder – ganz modern – mit einer digitalen Kreditkarte auf ihrem Mobiltelefon. Bargeld brauchen sie nicht und damit keinen Geldautomaten und keine Bankfiliale. Die Kehrseite davon: Wenn nur noch wenige Kunden persönlich vorsprechen wollen, lohnt sich der Betrieb vieler Filialen für die Banken nicht mehr. Sie werden schrittweise aufgegeben. Oft wird der Geldautomat ebenfalls abgebaut, weil er auch Kosten verursacht. Das ist dann in ländlichen Gegenden eine Katastrophe für die übrigen, vor allem älteren Kunden, die mit den modernen Technologien nicht zurechtkommen und auf Bargeld und Überweisungsformulare angewiesen sind. Für sie können die Wege zur nächsten Bankfiliale weit werden.
In Brandenburg sind zurzeit Kunden der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS) und der Sparkasse Uckermark betroffen. Die beiden Geldinstitute informieren darüber mehr oder weniger beschönigend. So taucht in einer Pressemitteilung der Mittelbrandenburgischen Sparkasse vom 25. April das Wort »Schließung« überhaupt nicht auf. Stattdessen ist nur die Rede davon, dass Kompetenzen gebündelt würden und das Standortnetz optimiert werden soll. 31 von 141 Geschäftsstellen sollen im laufenden Jahr mit größeren Einheiten zusammengelegt werden. Da aber an den meisten Standorten die Geldautomaten erhalten blieben, werde die MBS an 131 Standorten präsent bleiben, heißt es. Auch werde die Video- und Telefonberatung ausgebaut.
Vorstandschef Andreas Schulz weiß jedoch selbst: »Nähe zu den Kundinnen und Kunden und persönliche Beratung sind durch nichts zu ersetzen.« Sein Versprechen, dass die MBS auch in Zukunft diesem Grundsatz verpflichtet bleibe, ist jedoch nur insofern von den Tatsachen gedeckt, dass die Sparkasse immer noch das dichteste Filialnetz in der Region hat und ihre Kapazitäten in der Video- und Telefonberatung ausbaut.
Die Sparkasse Uckermark redet immerhin Klartext: Die fünf Filialen in Boitzenburg, Gerswalde, Brüssow, Fürstenwerder und Greiffenberg werden zum 1. Oktober geschlossen. In Brüssow, Boitzenburg und Gerswalde liefen sie seit Mai 2020 bloß noch im Minimalbetrieb. Damals waren die Geschäftszeiten von drei oder vier Tagen in der Woche auf nur noch einen Tag reduziert worden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sei das Minusgeschäft nicht dauerhaft tragbar, bedauert Vorstandschef Thorsten Weßels. »Im Vergleich zu der am häufigsten besuchten Geschäftsstelle beträgt die Nutzung des Geldautomaten in der aktuell am wenigsten besuchten Geschäftsstelle gerade einmal sechs Prozent.« Die Entscheidung, die fünf Standorte zu schließen, sei daher unumgänglich gewesen. Nur acht Standorte bleiben übrig. Dass diese »Anpassung an die Bedürfnisse der Mehrheit« im »Einzelfall zu Unsicherheit führt«, ist Vorstand Steffen Glatz klar. Den Kunden, »die unter Umständen noch nicht so digital unterwegs sind«, soll geholfen werden, sich an Online-Banking und bargeldloses Bezahlen zu gewöhnen.
Bei den Maßnahmen geht es darum, die mit der Inflation gestiegenen Ausgaben für die Bewirtschaftung zu reduzieren. Auch macht sich ein Personalmangel bemerkbar. Bei der MBS betreuen rund 1500 Beschäftigte 750 000 Kunden.
Dass es auf dem Lande nicht nur weite Wege zum nächsten Geschäft gibt, sondern demnächst schon schwer werden könnte, überhaupt erst einmal an Bargeld heranzukommen, ist eine Vorstellung, die Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter Sorgen bereitet. »Die Sparkasse, eine Bank, gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge«, betont er am Dienstag. Wenn schon eine Filiale geschlossen werde, so brauche es andere Lösungen: dass einmal in der Woche ein Bus der Sparkasse als mobile Filiale vorbeikomme oder dass ein Sparkassenmitarbeiter einmal in der Woche in den Räumlichkeiten der Gemeindeverwaltung zu erreichen sei. »Die Dividende steht manchmal höher als die Verantwortung«, beklagt der Politiker. So solle es aber nicht sein. Darum wünscht sich die Linksfraktion, dass der Landtag das Sparkassengesetz so abändert, dass es eine flächendeckende Versorgung vorschreibt.
Bei den Grünen rennt Walter damit offene Türen ein. Die Grünen würben schon länger dafür, das Sparkassengesetz anzufassen, sagt ihr Fraktionschef Benjamin Raschke. Auch für die Offenlegung der Vorstandsgehälter wäre bei dieser Gelegenheit zu sorgen.
Péter Vida von den Freien Wählern zählt Sparkassen genauso zur öffentlichen Daseinsvorsorge wie Bildung und medizinische Versorgung. SPD-Fraktionschef Daniel Keller zufolge ist auch Potsdam betroffen. Doch in der Stadt sei es einfach, mit Bus und Bahn die nächste Filiale zu erreichen. Das gestalte sich auf dem Lande schwieriger. Darum gilt es Keller zufolge, »genau hinzuschauen«. Er betrachtet Sparkassen ebenfalls als Daseinsvorsorge, zumindest »ein Stück weit«.
CDU-Fraktionschef Jan Redmann erklärt: »Mein Eindruck ist, dass es sich die Sparkassen nicht einfach machen mit Schließungen.« Aber die Digitalisierung im Bankenwesen schreite nun einmal voran. Deshalb könne es nicht bei der gleichen Zahl von Filialen bleiben. Redmann erwähnt die Möglichkeit, Bargeld in Supermärkten abzuheben. Das könnte eine Alternative sein.
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