Parlamentswahl: In Thailand stehen die Zeichen auf Wechsel

Oppositionsparteien liegen in Umfragen bei der Parlamentswahl klar vorn

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.
Viele Thailänder haben schon frühzeitig ihre Stimme abgegeben. Die Wahl am Sonntag könnte das Land verändern.
Viele Thailänder haben schon frühzeitig ihre Stimme abgegeben. Die Wahl am Sonntag könnte das Land verändern.

Statt Armeeuniform tragen Prayuth Chan-ocha und Prawit Wongsuwan schon länger Anzug. Doch vor ihren Namen steht jeweils mindestens ungeschrieben ein »General a. D.«. Und jeder der Erwachsenen im Königreich weiß – es waren federführend diese Männer, die für den jüngsten Militärputsch in der Landesgeschichte verantwortlich zeichneten.

Prayuth, damals Oberkommandierender der Armee, hatte den Rückhalt der anderen höchstrangigen Offiziere, als er die gewählte Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra absetzte. Blut floss vor neun Jahren zwar nicht, aber ein weiteres Mal hatte die so mächtige Armee direkt in die Politik eingegriffen und die Macht übernommen.

Noch sind Generäle an der Macht

Prayuth wurde von der Junta als neuer Regierungschef eingesetzt, 2019 gab es auch erstmals wieder Wahlen, die pro forma das Etikett demokratisch verdienten. Die inzwischen gegründete Regimepartei Palang Pracharat Party (PPRP) kam da zwar nur knapp als Zweitplatzierte ins Ziel, konnte aber eine breite Koalition mit mehr als einem Dutzend Kleinstparteien schmieden. Auch etablierte Kräfte wie die Demokraten (DP) als älteste Partei des Landes liefen ins Lager der Ex-Putschisten über.

Geht es nach jüngsten Umfragen, so sind die Tage von Prayuth und Vizepremier Prawit in Regierungsverantwortung jedoch gezählt. Die PPRP, deren Vorsitzender Prawit ist, käme demnach noch auf zwei Prozent. Die junge United Thai Nation (UTN) mit Prayuth als Spitzenkandidat liegt zwar seit März nun bei der dritten Erhebung in Folge stabil bei etwa zwölf Prozentpunkten. Doch auch das würde, sollte das Ergebnis am Sonntag ähnlich ausfallen, nur für Platz vier oder fünf reichen.

An der Spitze haben sich in Thailand laut der Umfragen markante Verschiebungen ergeben. Bis vor Kurzem lag die Pheu Thai Party (PT) als größte Kraft des Oppositionslagers klar vorn – mit Werten bis zu 47 Prozent. Auf dieser Basis hatte die PT-Führung mit Spitzenkandidatin Paetongtarn Shinawatra auch ihr Wahlziel auf mindestens 300 der 500 Sitze im Abgeordnetenhaus konkretisiert. Das sollte nicht nur die eigenen Fans anspornen, sondern wäre beim Erreichen auch ein starkes Gegengewicht zum Senat. Die zweite Parlamentskammer, deren Mitglieder noch von der Junta ernannt wurden, hat bei der Bestimmung des neuen Premiers mitzureden.

Nur eine Partei will echten Neuanfang

Laut jüngster Umfrage ist die Popularität der PT auf 38 Prozent abgesackt. Dafür konnte die ebenfalls oppositionelle Move Forward Party (MFP) zulegen, käme nun auf 35 Prozent. Ihr Spitzenkandidat Pita Limjaroenrat verzeichnet nahezu identische Zustimmungswerte. Paetongtarn Shinawatra von der PT kommt mit 29 Prozent auf Rang zwei.

Die 36-Jährige wäre im Falle des Falles nicht nur die jüngste Regierungschefin und erst die zweite Frau in diesem Amt, sondern zugleich die dritte Person aus dem mächtigen Shinawatra-Clan nach ihrer Tante Yingluck und ihrem Vater Thaksin, der 2006 ebenfalls per Militärputsch gestürzt wurde. Der einstige Tycoon hatte sich seinerzeit wie später seine Schwester vor drohenden Haftstrafen ins Ausland abgesetzt, zieht in der PT aber weiter einige Strippen – wie umfangreich, ist unklar.

Das liberale Lager aus PT und MFP hätte zusammen eine solide Mehrheit. Beide Parteien fischen zwar im ähnlichen Wählerreservoir, und beide Spitzenkandidaten verkörpern glaubhaft die Sehnsucht vieler nach einem Generationswechsel an der Regierung. Doch während die MFP für einen echten Neuanfang und Reformen steht, die auch den Einfluss von Armee und Wirtschaftsmonopolen einschränken sollen, will die PT eher dort anknüpfen, wo sie 2014 aufhören musste. Zudem halten sich Unterstellungen, sie könnte einen Deal mit Prayuth oder Prawit zur Machtteilung aushandeln, sollte der überragende Sieg ausbleiben. Thaksin, dessen Tochter manche nur als seine Marionette sehen, wäre das zuzutrauen.

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