- Politik
- Bremenwahl
Bürger in Wut: Neu in Bremen – und bald auch bundesweit?
Bei der Wahl im Städteverbund tritt neben den rechten Bürgern in Wut auch eine linksliberale Kleinpartei an
Besonders am Bremer Wahlkampf sind zwei Parteien, die es in anderen Bundesländern in dieser Form nicht gibt: Rechts außen die Bürger in Wut, eher im linksliberalen Spektrum verortet die Kleinpartei MERA25.
Eine beispiellose Materialschlacht leisten sich die Bürger in Wut (BiW), die 2004 aus den Resten der Schill-Partei hervorgingen. Dank Unterstützung der neugegründeten rechtskonservativen Kleinpartei Bündnis Deutschland haben die BiW ein großes Wahlkampfbudget. Manche munkeln, es sei vergleichbar mit dem der Grünen.
Die BiW liegen den jüngsten Umfragen zufolge bei neun Prozent Zustimmung in der Wählerschaft – gegenüber 2019 dank des Nichtantritts der AfD zur Wahl ein riesiger Sprung. Bei der damaligen Wahl kamen die BiW nur auf 2,4 Prozent. Sie scheinen mithin das gesamte Potenzial der AfD aufzusaugen und liegen aktuell gleichauf mit der Linken.
Bundesweit sorgte zuletzt die Enthüllung für Aufmerksamkeit, dass ein »Bild«-Reporter für die seit 2008 in der Bürgerschaft sitzende Lokalpartei antritt. BiW-Spitzenkandidat ist Piet Leidreiter, ein 2015 übergelaufener früherer Bundesschatzmeister der AfD. Er wirbt für sich als »Anwalt der Autofahrer« und gegen »Denkverbote«. Zeigte die Partei anfangs nur in Bremerhaven und im abgehängten Bremer Norden Präsenz, sind ihre Plakate mittlerweile in der ganzen Stadt zu finden.
Theoretisch könnte die CDU nach der Wahl ein Bündnis mit FDP und BiW eingehen. Zwar hat CDU-Spitzenkandidat Imhoff eine solche Koalition ausgeschlossen, aber im Mitte-links-Lager ist man sich da nicht so sicher. Linke-Bürgerschaftsmitglied Olaf Zimmer sagte zur Möglichkeit einer von der BiW geduldeten CDU-FDP-Koalition gegenüber »nd«: »Sag niemals nie.« Juso-Landeschef Sebastian Schmugler hält es zwar für »eher unwahrscheinlich«, dass es dazu kommt, weist aber darauf hin, dass CDU und FDP »keine stabile Brandmauer gegen rechts« hätten. Er hält sogar eine »feste Koalition dieser drei Parteien« für denkbar.
Eher aktionsorientiert und mit einem kleinen Budget betreibt die linksliberale Kleinpartei MERA25 Wahlwerbung. Der Ableger der EU-weiten Bewegung DiEM25 des früheren griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis ist gerade mal anderthalb Jahre alt. Ihr Wahlkampf läuft unter dem Slogan »Damit Bremen nicht untergeht«. Mithilfe von Lichtinstallationen in der Innenstadt haben MERA25-Aktivisten aufgezeigt, wie hoch der Pegel der Weser in 100 Jahren sein wird, wenn nicht sofort radikal umgesteuert wird. Spitzenkandidat Jan Genin sagt, man wolle in die Bürgerschaft einziehen. Die Chancen dafür sind aber äußerst gering.
MERA25 setzt vor allem auf das Thema Wohnen. »Die Zahl der Zwangsräumungen ist erschreckend«, so Genin gegenüber »nd«. Auf ihren Plakaten fordert die Partei die Enteignung der Gewoba, eines städtischen Wohnungsunternehmens in Form einer Aktiengesellschaft. Man trete für einen »radikalen Wandel« und eine »neue Bremer Solidarität« ein. Wenn der Sprung ins Parlament nicht gelingt, will man die eigenen Ansätze »zum Gesprächsthema in Bremen machen«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.