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Putschisten bei Parlamentswahlen in Thailand abgestraft
Opposition holt bei Parlamentswahlen triumphalen Sieg
Den Namen sollte man sich merken: Pita Limjaroenrat. Er ist nicht nur der Hauptgewinner der thailändischen Parlamentswahl neun Jahre nach dem Militärputsch 2014, sondern aller Voraussicht nach auch der nächste Regierungschef des südostasiatischen Königreichs. Seine Partei, die linksliberale Move Forward Party (MFP), lief vor der in den Umfragen führenden Pheu Thai Party (PT) ins Ziel ein. Zwar liegen beide gleichauf bei je 112 Direktmandaten. Den Unterschied macht der Anteil an den 100 der 500 Sitze im Abgeordnetenhaus aus, die über Parteilisten vergeben werden. Von diesen erhielt MFP 39, die PT nur 29.
Koalitionsgespräche laufen
Erste Gespräche über eine Regierungskoalition dieser beiden Parteien haben noch in der Wahlnacht begonnen, wie es aus beiden Parteizentralen hieß. Zusammen mit kleinen Partnern dürfte die Mehrheit im Unterhaus ausreichend sein, um bei der Wahl des neuen Premiers gegen die Senatoren zu bestehen. Die 250 Mitglieder der zweiten Parlamentskammer waren noch von der Militärjunta ernannt worden und hatten 2019 mit nur einer Ausnahme für den scheidenden Regierungschef Prayuth Chan-ocha gestimmt.
Prayuth Chan-ocha, der Ex-General, der 2014 als damaliger Armeechef die demokratisch gewählte Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra abgesetzt hatte, brachte es als Spitzenkandidat mit der United Thai Nation Party (UTN) auf lediglich 36 Sitze. Geringfügig besser schnitt mit 40 Mandaten die Palang Pracharat Party (PPRP) ab. Die Partei des Prayuth-Vertrauten und Vizepremiers Prawit Wongsuwan war von der Militärjunta gegründet worden und in den vergangenen Jahren die tonangebende Kraft der scheidenden Koalition. Aus deren Reihen wurden auch die Demokraten (DP) abgestraft. Die älteste Partei des Landes kommt nur noch auf 25 Abgeordnete. Einzige echte Gewinnerin aus dem Kreise des bisherigen Regierungslagers ist die Bhumjaithai Party von Noch-Gesundheitsminister Anutin Charnvirakul. Die Partei, die schon eine partielle Legalisierung von Cannabis erreicht hat und dieses Projekt vollenden wollte, erzielte mit nun 71 Mandaten einen markanten Bedeutungszuwachs. Sieben weitere Parteien schafften den Parlamentseinzug.
Die Hauptstadt wählt MFP
Die MFP holte allein in der Hauptstadt Bangkok 32 von 33 Sitzen. Ihr Sieg im Endspurt erklärt sich unter anderem damit, dass die konkurrierende PT erst unmittelbar vor der Wahl kategorisch ausgeschlossen hatte, im Bedarfsfall womöglich mit Prawit oder gar Prayuth zu paktieren. Das hatte zuvor so manche Wähler*innen schon längst zur »glaubhafteren« Alternative Move Forward umschwenken lassen. Und mit deren Anstieg in der letzten Umfrage schien es für einige wohl auch attraktiv, für eine »frische« Kraft zu stimmen, statt die Geschicke des Landes erneut in die Hände des Shinawatra-Clans zu legen. Nach ihrem Vater Thaksin und Tante Yingluck, jeweils 2006 und 2014 vom Militär gestürzt und nun beide im Exil, wollte diesmal die erst 36-jährige Paetongtarn Shinawatra gern Regierungschefin werden. Gerade für viele junge Thais verkörpert die MFP mit ihren zentralen Wahlversprechen zum Zurückdrängen des Einflusses der Armee, der Abschaffung des Paragrafen zur Majestätsbeleidigung sowie dem Kampf gegen Korruption und Wirtschaftsmonopole die Hoffnung ihrer Generation nach umfassenden Reformen. Offen ist, wie genau sich MFP und die auf Augenhöhe liegende PT genau arrangieren.
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