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Mit aller Macht: Wie Borussia Dortmund Meister werden will
Beim BVB ist es dem letzten Spieltag in der Bundesliga so laut wie nie
Normalerweise ist Sebastian Kehl ein ruhiger und besonnener Zeitgenosse. Doch in den Katakomben des Augsburger Stadions war auch bei dem 43-Jährigen am Sonntagabend alles anders. Mit dem 3:0 bei den Schwaben hatten sich seine Dortmunder gerade in der Tabelle am FC Bayern vorbeigeschoben – und gehen nun als Spitzenreiter in die finale Runde der Saison. Einen besseren Anlass, die Contenance mal außer Acht zu lassen, gibt es nicht, dachte sich wohl Drahtzieher Kehl, als er auf dem Weg Richtung Mannschaftskabine durch die Gänge schrie: »Ein verdammter Sieg noch, ein Scheißsieg noch.«
Borussias Dortmunds Sportdirektor war nicht der einzige, den nach dem Erfolg beim FC Augsburg die Emotionen übermannten. »Wir werden es, wir werden es, Männer«, brüllte Innenverteidiger Nico Schlotterbeck bei der Vorstellung, in seiner ersten Saison bei den Westfalen gleich die Meisterschale in die Höhe recken zu können, durch den Kabinengang. Ein Plus von zwei Punkten auf die strauchelnden Münchner nehmen die Dortmunder am kommenden Sonnabend mit in die Partie gegen Mainz. Gelingt im letzten der 17 Heimspiele der 15. Sieg, kann der Rekordmeister im Parallelspiel beim 1. FC Köln anstellen, was er will. Dann ist sein mittlerweile zehn Jahre andauerndes Meistersolo beendet.
Ein hochgradig prickelnder Ausblick ist das auch für alle Fans des BVB, die Trainer Edin Terzić für das Duell in Mainz schon einmal aufforderte: »Wir müssen dann so laut sein, wie wir es noch nie waren.« Bei seiner Antrittsrede im jetzigen Job, an die er in Augsburg nochmal erinnerte, hatte er noch davon gesprochen, dass es nicht darum gehe, so laut, sondern so positiv zu sein wie noch nie. »Um dann am Ende«, so Terzić, »vielleicht so zu feiern wie noch nie.« Zu seiner Ansprache vom vergangenen Sommer gibt es nun noch eine weitere passende Geschichte.
Diese schreibt Sébastien Haller. Mitte Juli 2022 wurde bei dem Angreifer, der gerade frisch von Ajax Amsterdam ins Ruhrgebiet gewechselt war, ein bösartiger Tumor im Hoden entdeckt. Nach der erfolgreichen Operation fiel der ivorische Nationalspieler monatelang aus – und arbeitete sich zurück. Nun, beim Sieg in Augsburg, erzielte der 28-Jährige nach einer schwierigen, torlosen ersten Halbzeit die wichtigen ersten beiden Treffer. Sein Trainer Terzić berichtete anschließend: »Der Mensch Sébastien Haller, mit diesem Willen, dieser positiven Energie, er hat uns so gefehlt in der Kabine, auf dem Trainingsplatz. Und es bleibt einfach das größte Wunder, dass er in dieser Saison so zurückkommen konnte.« Nun hoffe er, dass Haller beim großen Finale gegen Mainz ähnlich erfolgreich sein werde. »Dann«, so Terzic, »ist er der Held der Saison. Wir sind aber so oder so einfach glücklich, dass wir zusammen sind.«
Beim Spiel am Sonnabend in Dortmund wird auch das Original der Meisterschale zugegen sein. Nur eine Kopie der Trophäe liegt in Köln bereit – für den Fall, dass die Borussen gegen Mainz patzen und die Münchner mit einem Sieg in der Domstadt das meisterliche Nervenspiel doch wieder für sich entscheiden. Ausmalen will sich dieses Szenario bei den Schwarz-Gelben keiner. Und wirklich bange ist ihnen nach der Rückkehr an die Spitze auch nicht.
»Wir werden keinen freien Tag machen in dieser Woche, sondern weiter fleißig bleiben und das in den Vordergrund stellen, was uns in diese Situation gebracht hat«, betonte Terzić. Und das sei nicht die Niederlage der Bayern gegen Leipzig gewesen, sondern es seien die 70 Punkte, die sich sein Team in dieser Spielzeit bislang erarbeitet habe. »Jetzt geht es darum, die letzten drei Punkte zu holen«, führte der 40-Jährige fort und betonte: »Am nächsten Samstag ist die Saison vorbei. Dann können sich die Jungs wieder alles kaufen, was sie wollen – das nächste Auto, das nächste Haus, den nächsten Urlaub. Aber diesen Moment kann man nicht kaufen.«
Genau das weiß auch Sebastian Kehl. Der gebürtige Osthesse wurde als Spieler dreimal Meister mit Borussia Dortmund, zuletzt 2012. Nun haben die Schwarz-Gelben wieder einen Matchball. In Augsburg sagte ihr Sportdirektor, nun wieder mit ganz ruhiger, besonnener Stimme, dazu: »Jetzt dürfen wir uns das nicht mehr nehmen lassen.«
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