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Prozess um rassistischen Brandanschlag: Neonaziführer schweigt

Prozess um rassistischen Brandanschlag: Ex-Vertraute des Angeklagten im Fokus

  • Joachim F. Tornau, Koblenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Immer wieder mahnten Antifaschisten in Saarlouis die juristische Aufarbeitung des Brandanschlags von 1991 an.
Immer wieder mahnten Antifaschisten in Saarlouis die juristische Aufarbeitung des Brandanschlags von 1991 an.

Drei Neonazis sitzen zusammen, saufen und reden sich die Köpfe heiß. Über die wachsende Zahl an Geflüchteten. Über Leute, die im Osten Deutschlands Anschläge auf diese Menschen verüben. Und darüber, dass man doch auch im Westen, in Saarlouis, was tun müsse. Wenige Stunden später brennt in der Stadt eine Geflüchtetenunterkunft. Samuel Yeboah aus Ghana stirbt am Morgen des 19. September 1991 in den Flammen.

Doch es dauert 31 Jahre, ehe das Treffen in der Kneipe von Ermittlern als das wahrgenommen wird, was es mutmaßlich war: das Vorspiel zu einem rassistischen Mord. Seit einem halben Jahr muss sich einer der drei Männer wegen des Brandanschlags vor dem Oberlandesgericht in Koblenz verantworten. Und immer mehr geraten auch seine Kameraden aus der Kneipe in den Fokus. Denn nachdem der angeklagte Peter S. zunächst jegliche Tatbeteiligung bestritten hatte, legte er vor zwei Wochen überraschend ein Geständnis ab. Er sei bei dem Anschlag dabeigewesen, räumte der 52-Jährige über seinen Verteidiger ein. Treibende Kraft aber sei Heiko S. gewesen: Dieser habe das Benzin besorgt, im Treppenhaus der Unterkunft verschüttet und angezündet, während Peter S. selbst lediglich danebengestanden habe.

In der vergangenen Woche erschien dann der so Beschuldigte im Zeugenstand und konterte: »Das ist gelogen.« Er sei, so Heiko S., anders als seine beiden damaligen Gesinnungsgenossen, bereits Mitte der 90er Jahre aus der rechten Szene ausgestiegen und habe deswegen bei Peter S. und anderen als Verräter gegolten – weswegen ihm nun wohl der Mord in die Schuhe geschoben werden solle.

Insbesondere vor einem Mann will Heiko S. nach seinem Ausstieg Angst gehabt haben: Peter St., damals und auch viele Jahre später noch der unangefochtene Anführer der Neonaziszene von Saarlouis. »Ich halte ihn nach wie vor für einen sehr gefährlichen Mann«, sagte Heiko S. Zugleich betonte er: Niemals hätte er irgendetwas gegen den Willen von Peter St. unternommen.

Der Angeklagte hatte in seinem Geständnis behauptet: Peter St., mit dem er auch heute noch befreundet ist, sei strikt gegen Brandanschläge gewesen und habe deswegen nichts von der Tat erfahren dürfen. Am Montag nun musste Peter St. selbst als Zeuge vor dem Koblenzer Staatsschutzsenat erscheinen. Doch statt seine Version zu präsentieren, machte der 54-Jährige von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch.

»Selbst die Frage, ob mein Mandant Herrn S. kennt, ließe Rückschlüsse auf eine mögliche Tatbeteiligung zu«, sagte sein Anwalt Wolfgang Stahl, bekannt geworden als Verteidiger von Beate Zschäpe im Münchner NSU-Prozess. Gegen St. wird derzeit zwar nicht ermittelt. Die Bundesanwaltschaft zitiert ihn in ihrer Anklage gegen Peter S. jedoch mit einem Satz, der von einer Anstiftung zum Anschlag nicht allzu weit entfernt scheint: Auch in Saarlouis, soll er damals in der Kneipe gesagt haben, müsse »mal sowas brennen«.

Was der langjährige Neonaziführer vermutlich gesagt hatte, war dann doch noch zu hören. Der Senat spielte ein abgehörtes Telefonat ab, in dem St. seine Ahnungslosigkeit beteuerte. »Ich war offener, bekennender Nationalsozialist, da mache ich gar keinen Hehl draus«, sagte er. Jetzt aber habe er Angst, unschuldig eingesperrt zu werden. Am liebsten, behauptet er, würde er einfach zu Peter S. gehen, ihn packen und schütteln: »Wenn du es tatsächlich warst, ohne mein Wissen, dann wäre es jetzt Zeit, das zu sagen.« Als Peter St. dies am Telefon mitteilte, wusste er bereits, dass er abgehört wurde.

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