Friedrichstraße: Schöner shoppen unter der Abgasglocke

Neue CDU-Mobilitätssenatorin Manja Schreiner gibt Friedrichstraße ab Juli wieder für Autos frei

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Verkehrswende andersherum: Als eine ihrer ersten Amtshandlungen hebt Berlins neue Mobilitätssenatorin Manja Schreiner (CDU) die Teilsperrung der Friedrichstraße für den Autoverkehr zum 1. Juli wieder auf. »Wir setzen auch beim Thema Friedrichstraße auf ein Miteinander und eine bedarfs- und angebotsorientierte Mobilitäts- und Verkehrspolitik«, teilt Schreiner am Dienstag mit. Auf dem zuletzt Ende Januar auf Anordnung des Bezirksamts Mitte vom motorisierten Individualverkehr befreiten Abschnitt zwischen Leipziger und Französischer Straße kehren damit Staus, Lärm und Abgasdunst zurück.

Zur Begründung verweist die Mobilitätsverwaltung auf mehrere Widersprüche von Anliegern gegen die Einrichtung der Fußgängerzone, »teilweise auch verbunden mit einem gerichtlichen Eilverfahren«. Man habe sich entschieden, »den Widerspruchsführern ein Moratorium anzubieten« und »in einem breiten Beteiligungsprozess« unter Einschluss der Bauverwaltung »eine überzeugende verkehrliche Gesamtplanung zu erarbeiten«. Die Bürgerbeteiligung selbst werde im Herbst starten. Bis dahin soll Ruhe in der Verkehrsberuhigungskiste sein.

Schreiner sagt, sie freue sich auf »das partizipative Masterplanverfahren«. Für »diesen wichtigen Ort in der historischen Mitte« wolle sie dann auch »nichts einfach nur vorgeben, sondern eine nachhaltig funktionierende Lösung gemeinsam mit den Betroffenen entwickeln«. Zur Wahrheit gehört, dass jene Betroffenen am lautesten sind, die vehement gegen die Fußgängerzone Stimmung machen.

Auch Schreiner selbst hatte in einem Fernsehinterview kurz vor der Wiederholungswahl klargemacht, was sie von der 500 Meter langen Fußgängerzone hält: »Das kann man ja nicht ernst nehmen«, sagte sie im Februar. Die Sperrung für den Autoverkehr habe »mit seriöser Politik nichts zu tun«. Nun macht sie Nägel mit Köpfen und räumt die nach einigem Hin und Her wesentlich von ihrer Amtsvorgängerin Bettina Jarasch (Grüne) vorangetriebene Maßnahme wieder ab.

»Inhaltlich bin ich nicht überrascht, zeitlich dagegen schon«, sagt Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger zu »nd«. Warum die Maßnahme ausgerechnet im Sommer durchgezogen wird, erschließe sich schlichtweg nicht, sagt die Grünen-Politikerin: »Der Bezirk wird die Entscheidung akzeptieren. Trotzdem ist der 1. Juli sehr flott und kippt im Grunde das bereits aufgestellte Veranstaltungskonzept für den Straßenabschnitt für den Sommer.«

Auch der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Kristian Ronneburg, ist überrascht über das Tempo, das der neue Senat hier an den Tag legt. »Der Koalitionsvertrag konnte den Eindruck erwecken, dass die Teileinziehung der Friedrichstraße wenigstens nicht so schnell wieder aufgehoben wird«, sagt Ronneburg zu »nd«.

Tatsächlich verspricht das Ende April unterzeichnete schwarz-rote Ankündigungswerk, dass man hinsichtlich der Friedrichstraße »gemeinsam mit Anwohnerinnen und Anwohnern sowie mit Gewerbetreibenden ergebnisoffen an Lösungen für Verkehrsführung und Stadtraumgestaltung« arbeiten wolle. »Passiert ist jetzt das genaue Gegenteil von ›ergebnisoffen‹: Es wurden einseitig Fakten geschaffen«, sagt Ronneburg.

»Mir ist es wichtig, dass es im versprochenen Masterplan nicht mehr nur um Verkehrsplanung geht«, sagt Mittes Bürgermeisterin Stefanie Remlinger. »Es wäre schön, wenn auch die Senatswirtschaftsverwaltung mit am Tisch setzt.« Denn eigentlich brauche es vor allem Lösungen für den vor Ort darbenden Einzelhandel. »Und ich bleibe skeptisch, dass die Verbrenner das Lafayette wieder zum Boomen bringen«, sagt Remlinger.

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