Bayern Münchens Jubel folgt sofort der Zoff

Wie der FC Bayern München seine eigene Meisterfeier sabotierte

  • Elisabeth Schlammerl, München
  • Lesedauer: 4 Min.
Jamal Musiala (l.) erzielte in der 89. Minute das für München erlösende 2:1-Siegtor in Köln. Die Euphorie währte nicht lange.
Jamal Musiala (l.) erzielte in der 89. Minute das für München erlösende 2:1-Siegtor in Köln. Die Euphorie währte nicht lange.

Ach, es hätte so schön sein können am Samstag nach dem Abpfiff der Bundesliga-Saison. Also für den FC Bayern und dessen Fans, nicht für den Rest von Fußball-Deutschland und erst recht nicht für Borussia Dortmund, das durch ein 2:2 daheim gegen Mainz 05 doch noch die Meisterschaft verlor. Doch auch die Münchner schafften es auf ihre Weise, die eigene Meisterparty in Köln zu ruinieren, dank eines – sagen wir mal – sehr unglücklichen Zeitmanagements.

Passend zur Saison, wie auch Trainer Thomas Tuchel fand: »Anstatt zu feiern, haben wir das nächste politische Thema.« Seit Samstagabend wird nun über Stilfragen diskutiert, über Kommunikationspannen und darüber, wer nun an der Seite des neuen Klubchefs Jan-Christian Dreesen die Rolle des Sportvorstands übernehmen soll. Angeblich haben die Bayern schon mit Max Eberl von RB Leipzig gesprochen. Auch Frankfurts Markus Krösche und Michael Reschke, einst Technischer Direktor bei den Bayern, sollen Kandidaten sein. Auf jeden Fall, versprach Bayern-Präsident Herbert Hainer bei der Feier auf dem Münchner Rathausbalkon am Sonntag, suche der Klub »ein großes Kaliber« für diesen Posten.

Dass am Samstag kurz nach der Meisterentscheidung – noch bevor die Mannschaft die Schale in den Händen hielt – die Entlassung von Klubchef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidžić öffentlich wurde, war so zwar nicht ganz geplant. Aber die Verantwortlichen mussten damit rechnen, dass sie über den Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht ganz die Kontrolle behalten würden. Brisantes dringt beim FC Bayern zu oft zu früh nach außen. Weshalb also wurden diese Personalfragen nicht erst nach Saisonende geklärt? Die Begründung lieferte Hainer am Sonntag: Man habe die Beteiligten frühzeitig informieren wollen.

Dabei hatte der Klubpräsident, der zusammen mit seinem Aufsichtsratskollegen Uli Hoeneß die schlechte Nachricht überbracht hatte, offenbar nicht damit gerechnet, dass der alte Vulkan in Oliver Kahn wider Erwarten doch noch ziemlich aktiv ist. Das Gespräch am Donnerstag, so Hainer, »ist nicht so gut gelaufen. Es war sehr emotional, und wir konnten uns mit Oliver Kahn nicht einigen, dass wir die Beendigung einvernehmlich hinbekommen.« Es soll laut geworden sein, heißt es. Die Konsequenz war, dass Kahn schon am Freitag von seinen Aufgaben entbunden wurde und am Samstag nicht mit nach Köln reiste. Sein Fehlen auf der Tribüne wurde dann mit einer Sommergrippe begründet, was schon während der Partie Spekulation auslöste.

Offenbar tief getroffen setzte Kahn nach der Meisterentscheidung einen Tweet ab, in dem er schrieb, dass ihm die Reise »untersagt« worden sei. In einem Interview sprach er vom »schlimmsten Tag in meinem Leben«, nicht »mit den Jungs« feiern zu können. Und außerdem: »Ausgerastet« sei er schon gar nicht, wie die Klubführung suggeriert hatte. Alle Seiten waren offensichtlich um die Deutungshoheit bemüht, wobei niemand ein gutes Bild abgab.

Mal abgesehen von der Mannschaft, die das Spiel in Köln 2:1 gewann – nicht überragend, aber eben doch wieder mit jener Wir-geben-nie-auf-Mentalität –, und dem Trainer gab es an diesem Wochenende nicht viele, die unbeschadet aus diesem Tohuwabohu hervorgingen. Kahns Nachfolger als CEO, Jan-Christian Dreesen, versprach sogleich, sich um das offenbar nicht zum Besten bestellte Betriebsklima zu kümmern. »Nahbarkeit, Fannähe und Menschenführung sind hier zuletzt zu kurz gekommen«, stellte er fest. Der bisherige Finanzvorstand genießt großes Ansehen bei Belegschaft und Fans. Es ist auch ein offenes Geheimnis, dass sein Plan, sich mit Ablauf dieser Saison aus dem Vorstand zurückzuziehen, mit Kahn und dessen umstrittenen Führungsstil zu tun hatte.

Lediglich Hasan Salihamidžić schaffte es irgendwie würdevoll, seinen Job beim FC Bayern zu beenden. Er hatte in Köln mitfiebern, mitzittern und später mitfeiern dürfen und stellte sich danach allen Fragen. »Ich hätte natürlich gerne weitergemacht«, sagte er. »Aber ich akzeptiere das. Der FC Bayern steht über allem.« Salihamidžić gewann an diesem Wochenende an Größe. Das ist nicht jedem gelungen.

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