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Unterhaching schockt Energie Cottbus in der Relegation

Energie droht nach der Niederlage im Hinspiel um den Aufstieg in die 3. Liga der Verlust einer ganzen Saison

  • Matthias Koch, Cottbus
  • Lesedauer: 5 Min.
Die Cottbuser um Eric Hottmann (M.) konnten sich nur selten entscheidend gegen Unterhaching durchsetzen.
Die Cottbuser um Eric Hottmann (M.) konnten sich nur selten entscheidend gegen Unterhaching durchsetzen.

Das Stadion der Freundschaft war in den Heimbereichen schon lange vor Anpfiff proppenvoll. 17 580 Besucher wollten das Hinspiel um den Aufstieg in die 3. Liga zwischen Energie Cottbus und der Spielvereinigung Unterhaching sehen. Sänger und Energie-Fan Alexander Knappe schmetterte seine bei jedem Heimspiel vom Band laufende Energie-Hymne »Wir kommen auch morgen noch wieder« diesmal live in den schwülen Abendhimmel. Die Choreografie der Cottbuser Fans unter dem Motto »Ein Ziel: Aufstieg« erstreckte sich über mehrere Tribünen.   

So mancher Anhänger dürfte sich bei alldem an die Cottbuser Zeit in der 1. und 2. Bundesliga zwischen 1997 und 2014 erinnert haben. Mit dem ehemaligen Torwart Gerhard Tremmel gehörte auch ein Vertreter dieser Hochzeit zu den Fernsehexperten am Mittwochabend. Auch Unterhaching spielte zwischen 1999 und 2001 schon in Liga eins. Aber die bittere Gegenwart heißt für beide: Regionalliga.

Nach dem 2:1-Erfolg in Cottbus haben die Bayern vor dem Rückspiel am Sonntag nun die besseren Karten, der Viertklassigkeit zu entfliehen. »Ich hätte gern ein anderes Ergebnis gehabt. Es waren sehr dumme Gegentore. In der zweiten Halbzeit gab es sehr viele Unterbrechungen. Die haben den Spielfluss behindert«, sagte Energie-Trainer Claus-Dieter Wollitz. »Unsere Aufgabe ist klar, wir liegen 1:2 zurück. Wir werden am Sonntag zurückkommen und werden in der 3. Liga spielen. Davon bin ich fest überzeugt.« 

Nordost-Meister Cottbus ließ sich früh überrumpeln. Niclas Anspach sorgte schon in der sechsten Minute für die Hachinger Führung. Als Jonas Hildebrandt noch in der Anfangsviertelstunde mit einem Handelfmeter den 1:1-Ausgleich erzielen konnte, explodierte das Stadion. Doch Bayern-Champion Unterhaching blieb cool und kam acht Minuten vor dem Seitenwechsel ausgerechnet durch den ehemaligen Cottbuser Mathias Fetsch zur erneuten Führung.

Beim 1:2 blieb es auch im zweiten Durchgang, der immer wieder von Freistoßpfiffen und Verletzungspausen unterbrochen werden musste. Unterhaching war dem dritten Treffer gefühlt sogar näher als die körperlich fitter wirkenden Cottbuser. »Ich bin relativ zufrieden. Es gab aber ein paar Punkte, die wir aufarbeiten müssen. Auch, dass meine Jungs ab Minute 30 Krämpfe haben«, sagte Hachings Trainer Sandro Wagner. »Es waren sechs, sieben Spieler. Da hat etwas in der Vorbereitung nicht gestimmt.«        

Das heißblütige Cottbuser Publikum konnte trotz der siebenminütigen Nachspielzeit nicht mehr jubeln. Die hitzige Atmosphäre bereitete allerdings auch den Gästen Freude, die so etwas in der Regel nicht gewohnt sind. Sie wurden von lediglich 200 mitgereisten Anhängern unterstützt. Chefcoach Wagner nahm sogar seine Mütze ab, als er von Pfiffen begleitet das Spielfeld verließ. »Ich habe vor den Cottbuser Fans meinen Hut gezogen, das war fantastisch. Die Kulisse war sensationell«, sagte Wagner. Er sah dabei erstaunlicherweise auch über Becherwürfe in Richtung seiner Spieler hinweg, die glücklicherweise keinen körperlichen Schaden anrichteten. Finanziellen sicher schon. Auch für die mehrfach in Hälfte zwei von den Heimfans abgebrannte Pyrotechnik wird Energie Geldstrafen zahlen müssen.   

Beide Mannschaften und die Vereinsvertreter begegneten sich durchaus mit Respekt. Hier und da wurden aber auch verbale Nadelstiche gesetzt. Cottbus nervte, dass Unterhaching erst seit Kurzem als Relegationsteilnehmer der Regionalliga Bayerns vom Landesverband offiziell benannt worden war. Immer wieder gab es Berichte von finanziellen Problemen des Vereins. Zwischenzeitlich schien deshalb Vizemeister Würzburger Kickers nachrücken zu können.

Doch vor dem Spiel in Cottbus war für Haching nun sogar ein Trainingslager und eine Anreise mit dem Flieger möglich. Das brachte Energie-Präsident Sebastian Lemke auf die Palme. »Wenn man Lizenzprobleme hat und dann mit dem Charterflieger hier auftaucht, vorher noch im Trainingslager ist, dann wirft das Fragen auf«, sagte Lemke. »Ich werde mal beantragen, in Unterhaching ein Praktikum zu machen. Vielleicht kann ich kaufmännisch noch irgendwas lernen.«

Cottbus spielte zuletzt in der Saison 2018/2019 in der 3. Liga. Ein fünftes Jahr in der Regionalliga Nordost würde die aktuelle Spielzeit, die bisher die Meisterschaft und den Pokalsieg in Brandenburg mit sich brachte, in ein schlechtes Licht rücken. Der Stau im Ostfußball würde zudem weiterhin anhalten. Im letzten Jahr scheiterte der BFC Dynamo in der Relegation am Nordmeister VfB Oldenburg. 2024 kann der Ost-Meister wieder einmal direkt aufsteigen. Mit einem »Sitzenbleiber« Cottbus würde das Hauen und Stechen in der Regionalliga Nordost noch größer werden. Energie hat sich aber noch längst nicht aufgegeben. Nach dem Abpfiff forderten die Fans: »Auswärtssieg, Auswärtssieg.« Energie-Kapitän Axel Borgmann verwies darauf, dass die Chance seiner Mannschaft auch wegen der Abschaffung der Auswärtstorregel intakt sei. 

Die Autobahn und die Züge von Cottbus in Richtung München werden am Sonntag voll mit Energie-Fans sein. Sie tragen die Hoffnung nach Unterhaching. »Ich habe in den letzten Tagen so viele Menschen mit ostdeutschem Dialekt auf unserer Geschäftsstelle wie noch nie in München oder Unterhaching gesehen«, berichtete Hachings Trainer Wagner. »Es werden beim Rückspiel nicht nur 2500 Cottbuser Fans sein. Wir werden wahrscheinlich zwei Auswärtsspiele haben.«

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