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Wahlalter 16 in Berlin: Keine Stimmen für die Jugend
Die schwarz-rote Regierung hat das Wahlrecht ab 16 Jahren nicht in ihr Sofortprogramm aufgenommen. Obwohl es sofort umsetzbar wäre
Im neuen Sofortprogramm der Regierungskoalition, das CDU und SPD bei ihrer Klausurtagung am Wochenende erarbeiteten, fehlt die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Laut Koalitionsvertrag sollte dies eigentlich »schnellstmöglich umgesetzt« werden. Die SPD hatte sich hier gegen ihren Koalitionspartner durchgesetzt. Noch im Mai erklärte SPD-Fraktionschef Raed Saleh der »Berliner Morgenpost«: »Es wird zeitnah einen Vorschlag von SPD und CDU geben.« Dirk Stettner, der Fraktionsvorsitzende der CDU, die lange dagegen war, 16- und 17-Jährige zu Abgeordnetenhauswahlen zuzulassen, bestätigte dies.
Dass sich das Wahlalter 16 nun aber nicht unter den 52 Vorhaben des Sofortprogramms findet, sei »enttäuschend«, sagt Tilmann Weickmann, Geschäftsführer des Landesjugendrings Berlin. Um das Wahlrecht und die Berliner Verfassung entsprechend zu ändern, sind eine Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten und somit mindestens 20 Stimmen aus der Opposition notwendig.
Grüne und Linke, die zusammen 56 Stimmen haben, hatten bereits angekündigt, dass sie ebenfalls für eine Absenkung des Wahlalters stimmen werden. »Schwarz-Rot braucht für das Wahlalter 16 nicht erst Mehrheiten zu suchen. Wir stehen bereit«, erklärte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bettina Jarasch. Daher »kann ›Wahlalter 16‹ doch auch als Thema ins Sofortprogramm gesetzt werden, um hier endlich ins ›Machen‹ zu kommen, wie es schon der Titel des Programms sagt«, so Weickmann weiter.
In einer gemeinsamen Pressemitteilung teilen die Fraktionen von Grünen und Linke mit, schon seit Jahren für eine Absenkung des Wahlalters einzutreten, um die Rechte von Jugendlichen zu stärken. »Aus unserer Sicht gibt es daher keinen Grund, dieses Vorhaben weiter zu verzögern.« Damit fordern sie die Regierung auf, bis Ende Juni einen Antrag für das Wahlrecht ab 16 im Parlament vorzulegen.
»Bewegungen wie Fridays for Future zeigen uns, dass sich viele junge Menschen Sorgen um ihre Zukunft machen. Eine Zukunft, die wesentlich durch Entscheidungen beeinflusst wird, die wir heute in den Parlamenten treffen«, begründet Linksfraktionsvorsitzende Anne Helm den Antrag. Daher sei es »urdemokratisch, Jugendlichen so früh wie möglich die Chance zu geben, Einfluss auf die Zusammensetzung dieser Parlamente zu nehmen.«
Ihr Kollege im Fraktionsvorsitz, Carsten Schatz, verweist darauf, dass es das Wahlrecht ab 16 bereits in fünf anderen Bundesländern gibt: in Brandenburg, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Wenn Berlin dazukomme, erhöhe das »den Druck, das Wahlalter endlich auch für den Bundestag herabzusetzen«. In Berlin dürfen sich 16- und 17-Jährige bislang lediglich an den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen beteiligen.
Schon in der vorangegangenen Legislatur wollte die damalige rot-grün-rote Regierung die Absenkung des Wahlalters mit den Stimmen der FDP beschließen. Die ist nun aber nicht mehr im Abgeordnetenhaus vertreten.
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