Andrea Ypsilanti: Zu viel ist zu viel

Ex-Landeschefin Andrea Ypsilanti verlässt die SPD

  • Christopher Wimmer
  • Lesedauer: 2 Min.
Genug ist genug: Andrea Ypsilanti ist kein SPD-Mitglied mehr.
Genug ist genug: Andrea Ypsilanti ist kein SPD-Mitglied mehr.

Am Ende war es wohl eine Entscheidung zu viel. Den jüngsten »Asylkompromiss« der EU-Innenminister, der verschärfte Regeln für Geflüchtete vorsieht und an dem auch SPD-Innenministerin Nancy Faeser beteiligt gewesen ist, konnte die ehemalige Chefin der hessischen SPD, Andrea Ypsilanti, nicht mehr mittragen. Sie trat aus der Partei aus.

In ihrem Austrittschreiben an die Partei schreibt die 66-Jährige, die EU-Asylentscheidung lasse sie »ohnmächtig und sprachlos« zurück. Die neuen Regelungen würden zu »noch mehr und noch schlimmerem Elend« führen. Der Kompromiss werde von politischen Kräften bejubelt, »gegen die zu kämpfen, die Sozialdemokratie angetreten ist«.

Die linke Sozialdemokratin hatte immer ein angespanntes Verhältnis zur SPD. Bereits 1992 musste sie, so schreibt sie, als Juso-Landesvorsitzende »harte Kämpfe« gegen den damaligen Asylkompromiss führen. Die Agenda 2010 benennt sie als »Wegmarke« ihrer Enttäuschung. Die ausgebildete Soziologin ärgert sich in ihrem Brief zudem über die aktuelle Politik der SPD: »100 Milliarden für Rüstung, begleitet von einer Rhetorik, von der ich mir niemals vorstellen konnte, sie in der SPD hören zu müssen. Genossen, die sich für die erfolgreiche Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr quasi ›entschuldigen‹.« Harte Worte in Richtung der SPD.

Nach den jüngsten Asyl-Verschärfungen warnte Amnesty International vor einem »menschenrechtlichen Tabubruch« gegen den Geist des Koalitionsvertrags. Innenministerin Faeser, die an den Verhandlungen beteiligt war, steht zudem in der Kritik, weil sie sich beim hessischen SPD-Landesparteitag an diesem Samstag in Hanau offiziell zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober wählen lassen will. Das Amt als Innenministerin will sie trotzdem behalten – und nur im Falle eines Wahlsiegs aufgeben.

Ypsilanti war von 2007 bis 2009 Fraktionschefin im Wiesbadener Landtag und wollte hessische Ministerpräsidentin werden. Eine Minderheitsregierung mit den Grünen unter Tolerierung der Linkspartei scheiterte jedoch aufgrund des Widerstands innerhalb der SPD. Bis 2018 blieb Ypsilanti im Landtag als Abgeordnete, verlagerte den Schwerpunkt ihrer Arbeit jedoch auf außerparlamentarische Politik. Sie ist Mitgründerin und Sprecherin des Instituts Solidarische Moderne, einer Denkfabrik, die sich nach Eigenaussage für »progressive Politik« einsetzt. Dort wird sie sich wohl weiter für ihre sozialdemokratischen Überzeugungen einsetzen, von denen sich die Partei selbst immer mehr verabschiedet hat.

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