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Mord an Samuel Yeboah: Nicht nur ein Einzeltäter?

Neue Erkenntnisse beim Mordprozess um einen rassistischen Brandanschlag

  • Joachim F. Tornau, Koblenz
  • Lesedauer: 4 Min.
Zum 30. Jahrestag der Ermordung von Samuel Yeboah fand in Saarlouis ein Protestzug statt. Der Prozess geht währenddessen weiter.
Zum 30. Jahrestag der Ermordung von Samuel Yeboah fand in Saarlouis ein Protestzug statt. Der Prozess geht währenddessen weiter.

Seit sieben Monaten läuft vor dem Oberlandesgericht in Koblenz der Mordprozess um einen rassistischen Brandanschlag vor fast 32 Jahren: Am frühen Morgen des 19. September 1991 soll der damalige Neonazi Peter Werner S. Feuer in einer Geflüchtetenunterkunft in Saarlouis gelegt haben. Der 27 Jahre alte Ghanaer Samuel Yeboah starb in den Flammen.

Immer wieder drängte sich im Prozess die Frage auf, warum der heute 52-jährige Peter Werner S. allein vor Gericht sitzt. Denn schon die Anklage der Bundesanwaltschaft belastete eigentlich auch noch einen zweiten Mann: Peter St., den langjährigen Neonazi-Anführer von Saarlouis. Er soll bei einem Kneipengespräch über die rassistischen Pogrome jener Nachwendejahre zum Angeklagten und einem weiteren Gesinnungsgenossen gesagt haben, dass auch in der saarländischen Kleinstadt »mal sowas« passieren müsste. Wenige Stunden später brannte das Heim im Ortsteil Fraulautern.

Erst kürzlich war Peter St. noch als Zeuge im Prozess aufgetreten, hatte die Aussage jedoch verweigert. Vergangene Woche hat die Bundesanwaltschaft gehandelt und den 54-Jährigen verhaften lassen: Es bestehe der »dringende Tatverdacht« der Beihilfe zum Mord – wegen der Äußerung in der Kneipe. Als der Prozess fortgesetzt wurde, brachte der Staatsschutzsenat die überraschende Wendung zwar nicht ausdrücklich zur Sprache. Doch auffällig viele Fragen drehten sich um den abwesenden, neuen Tatverdächtigen.

Am Dienstag wurde Peter St. im Prozess als »Psychopath« und »Gottkaiser« beschrieben. Die Aussage kam von einem Mann, der nach eigenen Angaben zwei Jahrzehnte sehr aktiv in der rechten Szene war. Peter St. sei empathielos, mitleidlos, manipulierend, sagte der 50-Jährige. Und: »Er war der Kopf. An dem haben sich in Saarlouis alle orientiert.«

Ein 49-jähriger Ex-Skinhead aus Saarlouis konnte oder wollte sich vor Gericht an kaum noch etwas erinnern, wusste aber zumindest eines noch: wie Peter St. und der Angeklagte nach dem Anschlag gemeinsam darauf gedrungen hätten, dass ihre Kameraden bei der Polizei keinerlei Aussage machen sollten. Hektisch und nervös hätten sie auf ihn gewirkt, sagte der Zeuge. »Das war verdächtig, eindeutig verdächtig.«

Pikant: Die Bundesanwaltschaft kann sich bei ihrem Verdacht gegen Peter St. nur auf das stützen, was der dritte Mann in seiner Zeugenaussage über den Kneipenabend behauptet hat. Und eben diesen Mann, den bereits Mitte der 90er Jahre aus der rechten Szene ausgestiegenen Heiko S., hatte der Angeklagte selbst in seinem Geständnis zum Haupttäter des Anschlags erklärt. Bei Heiko S., der jede Tatbeteiligung bestreitet, stand deshalb in der vergangenen Woche die Polizei vor der Tür. Seine Wohnung wurde durchsucht, festgenommen aber wurde der 51-Jährige nicht. Man darf das wohl als Hinweis darauf verstehen, für wie tragfähig die Behörde die Behauptungen des Angeklagten hält.

Auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) äußerte sich zum laufenden Verfahren. »Im Fall Yeboah sind Fehler gemacht worden«, gab sie zu und ergänzte: »Mir ist es als Mensch, als Saarländerin wichtig, mein tiefes Bedauern über Fehler im Umgang mit dem Tod von Samuel Yeboah auszudrücken«. Auch ein gesellschaftliches Klima bundesweit habe dazu beigetragen, dass die Taten damals nicht hinreichend verfolgt wurden.

Die Landesregierung wird einen Entschädigungsfonds für Opfer schwerer Gewalttaten von überregionaler Bedeutung mit rassistischem, antisemitischem, extremistischem oder terroristischem Hintergrund einrichten. Rehlinger ergänzte: »Auch wenn kein Geld der Welt entstandenes Leid ungeschehen machen kann: Eine Entschädigung bedeutet vor allem Anerkennung des Leidens und des Verlustes.«

Auch innerhalb der Polizei müssen die Versäumnisse der damaligen Zeit aufgearbeitet und Konsequenzen gezogen werden. Außerdem kündigte Rehlinger an, die Landesregierung wolle dem Parlament vorschlagen, einen Rassismusbeauftragten beim Landtag anzusiedeln. Die Landesregierung werde zudem einen Landesaktionsplan gegen Rassismus und Antisemitismus erarbeiten.

Die Ministerpräsidentin will den Opfern rund um die Causa Yeboah zudem ein Gesprächsangebot machen. »Neben der juristischen und der politischen Aufarbeitung, die sich vor allem mit Tätern beschäftigt, müssen endlich auch die Opfer stärker in den Mittelpunkt gestellt werden«, so Rehlinger.

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