Familie Pham/Nguyen: Hoffen auf die Hauptstadtbehörden

In Chemnitz von Abschiebung bedrohter Vietnamese will mit Familie nach Berlin ziehen

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Der von Abschiebung bedrohte Vietnamese Pham Phi Son will mit seiner Familie von Chemnitz nach Berlin umziehen. Das teilte die Stadt Chemnitz am Dienstagnachmittag auf ihrer Website mit: Man befürworte den Umzugswunsch und werde die Residenzpflicht aufheben, heißt es dort. Da Pham nur eine Duldung und seine Ehefrau und die Tochter eine Ausreiseaufforderung haben, ist für den Umzug eine Genehmigung nötig.

Pham Phi Son lebt seit 1987 in Sachsen, er war als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen. 2017 verlor er seine Niederlassungserlaubnis. Da war der Ausländerbehörde Chemnitz aufgefallen, dass er ein Jahr zuvor länger als die erlaubten sechs Monate Urlaub in Vietnam gemacht hatte. Seitdem kämpfen er, seine Frau und die gemeinsame Tochter um ein Bleiberecht. Aber die Behörden in Sachsen, Gerichte und auch die Härtefallkommission verweigern es.

Mit dem Umzug geht die Zuständigkeit für den Fall an die Berliner Behörden über, was denen in Chemnitz recht sein dürfte, bekommen sie doch damit den Fall der mittlerweile »prominentesten Chemnitzer«, wie es deren katholischer Seelsorger ausdrückt, vom Tisch. Überregionale Medien haben immer wieder über den Fall berichtet, 107 000 Menschen unterzeichneten bislang eine Onlinepetition für ein Bleiberecht. Eltern aus der Kita der Tochter solidarisieren sich.

Am Mittwochabend sollte der Fall noch einmal Thema im Chemnitzer Stadtrat sein. Die Grünen-Fraktion hat einen von SPD und Linken unterstützten Antrag eingebracht, der Oberbürgermeister Sven Schulze (SPD) verpflichten sollte, auf die Ausländerbehörde einzuwirken, ihren Ermessensspielraum im Sinne der Familie zu nutzen. »Der Antrag hätte nur eine Mehrheit, wenn auch die CDU mit uns stimmen würde«, sagt Grünen-Stadträtin Katharina Weyandt. Es habe positive Signale von den Christdemokraten gegeben. Zudem war für den Abend eine Kundgebung zahlreicher Unterstützer vor dem Rathaus angemeldet, die nach Angaben von Weyandt auch stattfinden sollte.

Die Mitteilung der Stadt war mit »Umzug aufgrund besserer beruflicher Perspektive« unterschrieben. Doch das trifft nicht den Kern. Beide Eltern haben auch in der Nähe von Chemnitz unbefristete Jobs. In Berlin haben sie dank ihrer zahlreichen Fernsehauftritte Stellen bei einem Catering-Unternehmen gefunden, das für einen privaten Fernsehsender kocht. Pham Phi Son kann hier Vollzeit arbeiten, in Sachsen hat er nur einen Teilzeitjob. Doch umziehen will die Familie, weil sie die Hoffnung aufgegeben hat, dass sich Sachsen noch bewegt. Dabei bietet das Ausländerrecht den Behörden einen Ermessensspielraum. Pham und seine Frau sind optimistisch, dass dieser in Berlin genutzt wird.

Dave Schmidtke vom sächsischen Flüchtlingsrat sieht im bevorstehenden Umzug »einen Schritt aus aufenthaltsrechtlicher Verzweiflung«. In Berlin bestehe keine Sicherheit, dass die Behörden anders als in Sachsen entscheiden, aber es gebe Hoffnung.

Orkan Özdemir, integrationspolitischer Sprecher der Berliner SPD, ist da optimistisch. Er erwartet, dass der Fall in die Härtefallkommission eingebracht und »entsprechend bewertet wird«. Es spreche vieles dafür, der Familie »eine Perspektive in unserer Stadt zu ermöglichen«. Vielleicht ist ein Härtefallantrag aber nicht nötig. Katina Schubert, Abgeordnete der Linken, sagte »nd«, sie erwarte von der zuständigen Berliner Behörde, dass die Duldung in ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht umgewandelt wird. Denn: »Nach 36 Jahren ist die Familie Teil dieser Gesellschaft.« Allerdings warte man in Berlin sehr lange auf einen Termin bei der Behörde.

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