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Prozess wegen Umsturzplänen: Antisemitisches Raunen
»Chefideologin« rechter Verschwörer sagt vor Gericht aus
Wer antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet, legt meist Wert auf die Feststellung, auf keinen Fall antisemitisch zu sein und auf keinen Fall Verschwörungserzählungen zu verbreiten. Auch Elisabeth R. tut das, als sie am Donnerstag im Koblenzer Oberlandesgericht zu ihrem großen Verteidigungsvortrag ansetzt. Die 75-Jährige ist eine der fünf Angeklagten, denen die Bundesanwaltschaft vorwirft, die terroristische Vereinigung »Vereinte Patrioten« gebildet und einen Umsturz geplant zu haben – mit einer Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Sprengstoffanschlägen auf die Strominfrastruktur des Landes.
Am Ende, so der vom Mitangeklagten Sven B. in einer tagelangen Einlassung bereits eingeräumte Plan, sollte die Bundesregierung gestürzt und die Verfassung des deutschen Kaiserreichs von 1871 wieder in Kraft gesetzt werden. Die pensionierte Lehrerin und habilitierte Theologin Elisabeth R. soll dabei laut Anklage die »Rolle der politischen Vordenkerin« inne gehabt und immer wieder auf ein baldiges Losschlagen gedrungen haben. Als sie nun im Gerichtssaal das Wort ergreift und beginnt, mit durchdringender Stimme ihre 100-seitige Stellungnahme vorzulesen, äußert sie sich zu den Vorwürfen zwar noch nicht konkret. Doch es wird klar: Sie sieht das alles ganz anders als die Bundesanwaltschaft.
»Die Anklageschrift ist absoluter Ausdruck diabolischer, aber dilettantischer Willkür«, sagt sie. Mit Terror habe sie nie etwas zu tun haben wollen, von ihren mutmaßlichen Mitverschwörern habe sie sich nach deren Festnahme ausdrücklich distanziert. Außerdem, betont sie, habe sie ihren Personalausweis schon vor sieben Jahren zurückgegeben, stehe also eigentlich gar nicht mehr unter dem »Zugriff des BRD-Systems«, das sich jetzt trotzdem erdreiste, sie vor Gericht zu stellen.
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Eine »Reichsbürgerin« will die selbsternannte »Gottessprössin« dennoch nicht sein. »Ich betreibe reine Wissenschaft«, sagt die Frau, die ihre Weltsicht bereits in fünf umfänglichen rechtsesoterischen Büchern niedergelegt hat. Sie strotzen derart vor Antisemitismus, dass der ehemaligen Lehrerin deswegen sogar ihre Pensionsansprüche aberkannt wurden. Vor Gericht trägt sie nun so etwas wie ein Best-of vor.
Über den ersten Unterpunkt ihres, wie sie es nennt, »deskriptiv-analytischen Abrisses« kommt sie am Donnerstag noch nicht hinaus. Und es ist alles andere als leicht, ihren fremdwortgesättigten, pseudowissenschaftlichen Ausführungen zu folgen, in denen sie innerhalb weniger Sätze vom Alten Testament in die Gegenwart und dann wieder zurück zu Karl dem Großen oder Martin Luther springt. Aber deutlich wird, dass sie die Welt durch eine jüdisch-katholische »Clique« beherrscht sieht, eine Verschwörung gegen die »weiße Rasse«, zurückgehend auf eine 3000 Jahre alte »Genozidorder«.
Sie bemüht die antisemitische Erzählung von der »jüdischen Kriegserklärung« gegen Deutschland, mit der Rechtsextreme die Shoah relativieren. Sie erklärt einen US-amerikanischen Wissenschaftler, der sich kritisch mit dem Weißsein beschäftigt hat, wegen seiner Herkunft zum »Juden«. Sie beklagt den »Geschichtsbetrug« und die »Umerziehung« der Deutschen nach 1945 und zitiert zustimmend rechte Propaganda und Verschwörungserzählungen.
Aber immer, wenn ihr die Vertreter der Bundesanwaltschaft in die Parade fahren und vor strafbarer Volksverhetzung warnen, reagiert die Angeklagte mit einem weiteren Lieblingsargument antisemitischer Verschwörungserzähler*innen: Sie zitiere doch nur. »Ich kann nichts für den Inhalt.« Verteidiger Bernd Fiessler kalkuliert, dass der Vortrag seiner Mandantin noch mindestens vier weitere Verhandlungstage füllen wird.
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