Ostdeutschland: Die O-Wortler sind ein undankbarer Haufen

Vielleicht muss man den Osten über kurz oder lang aufgeben, überlegt Andreas Koristka

  • Andreas Koristka
  • Lesedauer: 3 Min.

Verstehe einer die Ossis, diese rätselhaften Wesen, die zwischen der Ostsee und Sonneberg hausen. Sie wählen Nazis und liegen nackt am Strand, um ihre Nazi-Tattoos zu präsentieren. Obwohl Bananen keine Mangelware mehr sind, haben sie schlechte Laune und zünden Flüchtlingsheime an. Dabei haben sie doch alles, was sie sich 1989 so sehr wünschten: Golf GTI, Videorekorder und die Freiheit, die sie berechtigt, bei freien Wahlen auch mal Faschisten zu wählen.

Es ist ein undankbarer Haufen. Schon Helmut Kohl musste das erfahren, der trotz allem, was er für die Ossis getan hat, mit Eiern beworfen wurde. Weder lassen sich Ossis durch die renovierten Innenstädte mit Rewe, Aldi, DM und den Nordsee-Filialen aufheitern, noch können sie sich an ihren Umschulungen für angesehene Ausbildungsberufe erfreuen. Miesepetrig wünscht sich jeder dritte Ossi laut einer Studie einen »starken Führer«. Ein beachtlicher Wankelmut, wenn man bedenkt, dass Erich Honecker vor nicht allzu langer Zeit zusammen mit Margot und seinem Fuchsbandwurm aus dem Land gejagt wurde.

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Wie kann man es diesen Ossis nur recht machen? Würde es zunächst helfen, das O-Wort nicht mehr zu benutzen, weil es die Gefühle der Personen aus dem ehemaligen Staatsgebiet verletzt? Von Menschen also, die vom ehemaligen SED-Unrechtsstaat oder ihren eigenen Eltern zum Verzehr von Jägerschnitzeln aus Wurst gezwungen wurden. Viele von ihnen sind traumatisiert von Ostphänomenen wie Karsten Speck, Wolfgang Lippert und Erich Mielke. Wäre es da nicht besser, man verwendete statt des O-Wortes lieber einen historisch unbelasteten Begriff wie »Zonenmongos«?

Könnte das die O-Wortler milder stimmen? Man kann sie ja nicht fragen, weil man nicht ausschließen kann, dass sie auf Sächsisch antworten. Außerdem müsste man weit fahren, um sie zu finden. In Berlin-Prenzlauer Berg wohnen sie nicht mehr. Man muss weiter raus. Rein in die Provinz, wo einem auch kein Deutschland-Ticket weiterhilft, weil kein Bus fährt und die Bushaltestelle von einem Wolfsrudel übernommen wurde. Das kann man keinem zivilisierten Mitteleuropäer zumuten.

Es bleibt also nur die Spekulation: Hat es einen genetischen Grund, warum die O-Wortler so geworden sind? Sie sind ja nicht nur Nazis, sondern Russenfreunde, Abendlandpatrioten, Monarchisten, Impfgegner und Windradhasser. 40 Jahre DDR reichten anscheinend dafür aus, dass sich hinter der Mauer, im abgeschlossenen Habitat eine genetische Variation etablieren konnte, die ihre Träger sonderlich werden lässt.

Das konnten die Westler damals nicht ahnen, als die Mauer aufging und sie den Zonenkindern Milka-Schokolade in die knochigen Hände drückten. Heute hätten sie ihre Schoki gern zurück. Das ist allzu verständlich. Aber ihr Handlungsspielraum ist erschöpft. Den Osten wird man über kurz oder lang aufgeben müssen – schade für jene Westrentner, die sich eine geschmackvolle Immobilie in Görlitz oder eine Ferienwohnung auf Rügen zugelegt haben.

Aber vielleicht hilft ihnen der Gedanke daran, dass die gerechte Strafe auf dem Fuß folgen wird. Wenn sich der Osten nämlich nach Wahlsiegen der AfD vom Staatsgebiet der BRD abspaltet, wenn sie alle Ausländer ausweisen und nur noch mit Waschbären und Marderhunden in ihrem entsiedelten Zwergstaat vegetieren, dann bekommen die O-Wortler zwar wahrscheinlich ihre geliebte D-Mark wieder, aber der starke Mann an der Spitze des Staates wird Björn Höcke heißen. Im Osten werden sie also wieder unter der strengen Knute eines Wessis leben müssen.

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