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Die DFB-Frauen fahren verunsichert zur WM

Die deutschen Fußballerinnen können auch im letzten Testspiel gegen Sambia nicht überzeugen

  • Frank Hellmann, Fürth
  • Lesedauer: 5 Min.
Deutscher Fußball in Schieflage: Die DFB-Frauen um Sydney Lohmann konnten gegen Sambia nicht gewinnen.
Deutscher Fußball in Schieflage: Die DFB-Frauen um Sydney Lohmann konnten gegen Sambia nicht gewinnen.

Die Bedenken sind Martina Voss-Tecklenburg inzwischen längst anzusehen. Sorgenfalten zeigten sich auf dem Gesicht der Bundestrainerin, als die 55-Jährige auf dem »Homeground« in Herzogenaurach ihren Kader für die Weltmeisterschaft vom 20. Juli bis 20. August in Australien und Neuseeland kommentierte. Die vermasselte WM-Generalprobe beim 2:3 gegen den unkonventionellen Außenseiter Sambia hätte ihr als Ballast für den Abflug nach Sydney am Dienstag eigentlich schon gereicht.

Aber am Wochenende traf noch eine Hiobsbotschaft ein. Carolin Simon hatte sich in der grotesken Schlussphase dieses Testspiels einen Riss des vorderen Kreuzbandes zugezogen. Der Ausfall der 30-Jährigen vom FC Bayern trifft die deutsche Nationalelf auf einer neuralgischen Position. Mit Felicitas Rauch vom VfL Wolfsburg steht nur noch eine richtige Linksverteidigerin zur Verfügung. Die erst zur USA-Reise im Herbst vergangenen Jahres ins DFB-Team zurückgekehrte Simon war nebenbei auch die beste Vorlagengeberin in der Bundesliga.

»Dass das im letzten Spiel passiert, trifft uns alle hart. Caro wäre im Kader gewesen, sie hatte sich die vergangenen 14 Tage ganz, ganz stark präsentiert. Nicht nur auf dem Platz«, sagte Voss-Tecklenburg. Nach der WM 2019 in Frankreich hatte sie die damals sehr flatterhafte Nationalspielerin aussortiert, Simon fiel in ein mentales Loch, holte sich Hilfe bei einem Psychologen und wirkte in der Vorbereitung in jeder Hinsicht stabil. Und das können nur ganz wenige von sich behaupten.

Gestrichen wurden aus dem WM-Aufgebot des DFB erwartungsgemäß nach der bereits abgereisten Paulina Krumbiegel noch die Hoffenheimer Vereinskollegin Sarai Linder, die Wolfsburgerin Tabea Sellner und Ersatztorhüterin Ena Mahmutovic vom MSV Duisburg. Die als zentrale Anker unverzichtbaren Lena Oberdorf im Mittelfeld und Marina Hegering in der Abwehr haben zwar nur leichte Verletzungen erlitten, dennoch reist Janina Minge vom SC Freiburg als 24. und somit zusätzliche Spielerin mit.

Bei vielen ist die Selbstüberzeugung dahin. Und sich nur an den schönen letzten Sommer mit der Europameisterschaft in England zu erinnern, wird für die Mission zum dritten Stern – den dritten WM-Titel nach 2003 und 2007 – nicht reichen. Von einer Titelform scheint diese Reisegruppe indes gut zwei Wochen vor der Eröffnung fast so weit weg wie Australien von Deutschland. Jetzt auch noch die Frauen, wird sich so mancher der 3,17 Millionen Fernsehzuschauer der ARD-Übertragung aus Fürth gefragt haben.

Die Peinlichkeiten der Nationalteams fügen sich in diesen verstörenden Wochen des deutschen Fußballs aneinander. Die Parallelen an einem lauen Sommerabend waren offensichtlich: Wenn die deutschen Fußballerinnen den Weckruf gegen den Weltranglisten-77. nicht hören, wird auch das kommende Turnier für den DFB ein Reinfall. Immerhin ist der Vertrauensvorschuss für die Frauen riesig: Da gab es im gut besuchten Sportpark Ronhof bei der Ehrenrunde Beifall, am Absperrgitter drängten sich die Fans.

Bei solch wohlwollender Grundstimmung neigten einige bei ihren Erklärungen zur Schönfärberei. Der Ball sei ja »gut gelaufen«, meinte Mittelfeldspielerin Sara Däbritz. Doch wenn gegen einen WM-Neuling vorne Durchschlagskraft, hinten Wehrhaftigkeit fehlen, bringt das wenig. Fast jeder Ballverlust beschwor bei einem insgesamt ideenarmen Auftritt genau wie gegen Vietnam eine brenzlige Situation herauf.

»Wir müssen schneller ins Gegenpressing kommen, wir sind nicht kompakt genug«, mahnte Kapitänin Alexandra Popp. Hierzulande würden bei Fußballfans »ja ganz schnell die Alarmglocken angehen«, fügte die 32-Jährige sarkastisch an. Sie mache sich »keine Sorgen« – was ein wenig verwunderte. Denn irgendwann ist der Bonus auch bei den DFB-Frauen aufgebraucht. Und: Es muss der letzte Weckruf sein, dass die auffallend schnelle Barbra Banda erneut für Sambia konterte, nachdem Popp und Lea Schüller nach einer Umstellung auf eine durchaus interessante 3-5-2-Formation erst in der Nachspielzeit zum 2:2 ausgeglichen hatten.

Banda, Sambias Kapitänin, überlief ihre Gegenspielerin Kathrin Hendrich selbst in der zwölften Minute der Nachspielzeit noch mühelos. Die 23-Jährige gilt insofern als Ausnahmeerscheinung, da sie wegen erhöhter Testosteronwerte im vergangenen Jahr nicht zum Afrika-Cup zugelassen worden ist. Doch die Fifa verfolgt den Fall nicht weiter, und der zweifache Weltmeister Deutschland hat mit sich selbst gut genug zu tun.

Bundestrainerin Voss-Tecklenburg hob die Stimme, als sie mit Blick auf die Gruppenspiele gegen Marokko, Kolumbien und Südkorea sagte: »Gegen Kolumbien kommt die gleiche Physis, das gleiche Tempo auf uns zu.« Fünf von Verunsicherung geprägte Länderspiele in diesem Jahr – gegen Schweden (0:0), die Niederlande (1:0), Brasilien (1:2), Vietnam (2:1) und nun Sambia – nähren den Verdacht, dass sogar diese bunte Vorrundengruppe zur Zitterpartie werden kann.

»In der Summe zu viele Fehler. In der Summe ein durchwachsenes Jahr«, konstatierte Voss-Tecklenburg, die zwar »nicht alles zerreden« wollte, aber doch deutliche Worte fand: »Mentalität und Körperlichkeit« müsse man reinkriegen, da müsse es endlich »klares Handeln und ein Learning« geben. Gleichwohl wollte die Daueroptimistin im Dämpfer im Frankenland auch eine Chance erkannt haben: »Vielleicht gucken die anderen jetzt weniger auf uns.« Stimmt wohl: Der eine oder andere wird Deutschland jetzt auch im Fußball der Frauen wohl nicht mehr zu den WM-Favoriten zählen.

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