- Berlin
- Gentrifizierung
Investoren in Berlin: Mit Kunst das Image polieren
In Friedrichshain erinnern Aktivist*innen an das »Artwashing« von Immobilieninvestoren
Bei hochsommerlichen Temperaturen haben sich am Samstagnachmittag Künstler*innen und Stadtteilaktivist*innen auf der Laskerwiese im Süden von Friedrichshain im Schatten der Großbaustelle Ostkreuz-Campus versammelt, um über Immobilieneigentum in Berlin zu reden. Eine zentrale Rolle spielt der Investor Pandion, dessen Firmenlogo unübersehbar auf den großen Kränen zu lesen ist, die hoch über der Wiese schweben.
Die Stadtteilinitiative »Wem gehört der Laskerkiez?« gründete sich, nachdem der Bau des Ostkreuz-Campus bekannt geworden war. »Besonders geärgert hat viele Anwohner*innen, dass sich Pandion in der Werbung als Pionier darstellte, der den Stadtteil zu neuem Leben erwecken will. Dabei sorgt der Luxusbau dafür, dass sich das Leben im Kiez verändert, für viele nicht zum Besseren«, sagt ein Aktivist. Diese kritische Sicht teilt auch Thomas vom Verein Bürgergarten, der für die Laskerwiese zuständig ist. »Wir haben beschlossen, nicht mit Pandion zu reden«, erklärt er.
Das sorgt für Zustimmung bei Ulrike Jordan von der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst (NGBK). Der basisdemokratisch organisierte Kunstverein hat kürzlich seine Räume in der Oranienstraße in Kreuzberg im Zuge der Gentrifizierung verloren. Zu dem Thema bereitete die NGBK vor einigen Wochen im Rahmen der Langen Buchnacht in der Oranienstraße eine Veranstaltung vor. Diese sagte die NGBK jedoch kurzfristig ab, weil auch Pandion am Moritzplatz Teil der Buchnacht war. »Wir sehen das als Beispiel für Artwashing, mit dem Pandion durch Förderung von Kunst und Kultur Imagewerbung macht«, begründet Jordan die Absage.
Mit dieser Position blieb die NGBK unter den Organisator*innen der Langen Buchnacht weitgehend allein. Dabei gehöre die Förderung von Kultur zur Imagewerbung seit Jahren zum Geschäftsmodell von Pandion, so Jörg Franzbecker und Naomi Hennig. Sie sind Mitherausgeber*innen der »Berliner Hefte für Geschichte und Gegenwart der Stadt«, die sich aus künstlerischer Perspektive kritisch mit der derzeitigen Stadtentwicklung auseinandersetzen. Die aktuelle Ausgabe widmet sich unter dem Titel »X Properties« den unterschiedlichen Playern auf dem Berliner Immobilienmarkt.
Dazu gehört auch die Pears Group. Christian von der linken Kiezkneipe »Syndikat« berichtet über die lange Suche nach den Investoren, nachdem ihnen die Räume in Neukölln von einer Firma mit einem Buchstabenkürzel gekündigt worden und alle Versuche der Kontaktaufnahme erfolglos geblieben sind. »Wir sahen schließlich den Namen auf einem Luxemburger Briefkasten mit Dutzenden Namen«, sagt Christian. Über ein dänisches Register stießen sie schließlich auf die neuen Eigentümer: Pears Group. Die Räumung des »Syndikats« konnte damit nicht verhindert werden, aber andere Mieter*innen erfuhren durch die Recherche rechtzeitig von den Kaufabsichten der Investorengruppe und konnten das Geschäft verhindern.
Ein Aktivist aus dem Laskerkiez freut sich über die Organisierung der Anwohner*innen. »Sie bleibt auch bestehen, wenn wir den Pandion-Bau wohl nicht verhindern können.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.