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Bengalos am Straßenrand der Tour de France sorgen für Ärger
Rauchfackeln erschweren die ohnehin schon herausfordernden Etappen der Tour de France. Doch einige Fans lassen sich davon nicht abhalten
Die Tour de France wird immer mehr zum Fußballereignis. Das betrifft nicht nur die Menge an Bier, die an der Rennstrecke und in den Stadien konsumiert wird. Wobei im Unterschied zu den meisten Erstligastadien, in denen vor allem Gerstensaft ohne Alkohol eingeschenkt wird, an der Rennstrecke der Promilleanteil von Alkohol im Blut von einer Stunde des Wartens auf die andere massiv ansteigt. Aber auch die Feuerwerkskörper aus den Stadien haben Einzug gehalten. Vor allem bei den Bergwertungen zünden Fans immer wieder Bengalos.
Bei den Fahrern löst das vor allem Unverständnis aus. »Im Prinzip finde ich das bescheuert«, meinte der Augsburger Profi Georg Zimmermann zu »nd«. Er schätzte aber auch ein: »Vielleicht gehört es irgendwie zum Profisport dazu. Im Fußball ist es ja auch nicht anders.« Immerhin wurde er als Ausreißer auf der 10. Etappe, als er als Zweiter knapp den Tagessieg verpasste, nicht von Bengalos belästigt.
Die große Fangemeinde ist gespalten. »Ich mag das ganz und gar nicht, denn für die Fahrer ist es nicht schön. Wenn sie die Anstiege hochklettern, haben sie schon Sauerstoffmangel. Und dann müssen sie noch durch den Qualm durch. Für mich sind das Geistesgestörte, die dafür verantwortlich sind«, meint sehr deutlich Pascal Chamond. Er war selbst Amateurfahrer. Seit Jahren besucht er als Fan die Tour de France. Auch bei Giro und Vuelta war er bereits mit seinem Wohnwagen, erzählt er. Und wo er Fans entdeckt, die Feuerwerkskörper zünden wollen, mischt er sich ein, um das zu verhindern. »Man muss den Jungen klar machen, dass das nicht geht«, ist er überzeugt.
Ähnlich ist auch die Haltung von Tourorganisator ASO. Zwar gebe es in Frankreich kein Gesetz, das den Einsatz von Pyrotechnik im Freien verbiete, sagte ein Sprecher der Organisation »nd«. »Aber wir legen dem Publikum nahe, es zu unterlassen. Wir publizieren keine Videos, die diese Szenen zeigen. Wir wollen niemanden in dieser Hinsicht stimulieren«, betonte er. Er gab aber auch zu, dass die ASO dem Phänomen recht machtlos gegenübersteht. »Mehr können wir nicht machen. Die Gendarmerie-Eskorte unterwegs versucht das natürlich zu unterbinden, aber gewöhnlich werden die Feuerwerkskörper erst in unmittelbarer Nähe der Fahrer gezündet.«
Tom Mustroph, Radsportautor und Dopingexperte, berichtet zum 22. Mal für »nd« von der Tour de France.
Manche Fans finden die Stimmung, die durch die Bengalos erzeugt wird, aber auch toll. »Es sieht einfach gut aus«, sagt lachend Fabien Mounier. Er ist Bauer aus der Auvergne, brauchte keine zehn Minuten von seinem Hof zur Strecke. Er hat es sich mit Freunden auf der Ladefläche eines großen Lkws bequem gemacht. Strohballen sorgen für ein weiches Lager. Und auch an Bier mangelt es nicht. »Vier Fässer mit jeweils 33 Litern haben wir, 130 Liter sollten für uns reichen«, sagt er lachend und schaut sich im Kreis seiner rund ein Dutzend Kumpels um. Die lachen auch. Bengalische Feuer haben sie zwar selbst nicht im Gepäck, aber wenn sie jemand zündet, werden sie voller Begeisterung dabei sein, versprechen sie.
Für die Fahrer ist das natürlich suboptimal. Und der ASO-Sprecher fordert bei dieser Gelegenheit noch einmal die Fans auf, darauf zu verzichten. »Es kann die Fahrer schädigen, die unter vollem Einsatz ihrer Kräfte das Rennen bestreiten und jeden Atemzug frische Luft brauchen«, unterstrich er. Spezielle Fälle von Beschwerden von einzelnen Fahrern oder Rennställen hat es nach seiner Kenntnis aber bislang nicht gegeben. Und auch Radprofi Zimmermann hängt das Problem ein wenig tiefer: »Also Asthma habe ich noch nicht davon bekommen«, sagt er trocken. Die Bandbreite der Meinungen reicht also von geisteskrank über bescheuert und nicht besonders gefährlich bis hin zu super Stimmung.
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