Wölfe in Niedersachsen: Erschossen und zerstückelt

Brutale Wolfstötungen in Niedersachsen. Umweltschützer setzen 40 000 Euro Belohnung aus

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Auseinandersetzung um den Umgang mit Wölfen wird in Niedersachsen immer ruppiger geführt. Der jüngste Vorfall: Ein oder mehrere unbekannte Täter haben einen Wolf erschossen und zerstückelt. Spaziergänger entdeckten am Wochenende des 8. und 9. Juli im Mittellandkanal nahe der Stadt Sehnde zwei blaue Müllsäcke. In einem befand sich der Rumpf des Tieres, im zweiten, der einen Tag später gefunden wurde, lagen Schwanz und Kopf.

Einen ähnlichen Fall hatte es zu Ostern im Landkreis Gifhorn gegeben. Vor dem Artenschutzzentrum des Naturschutzbundes (Nabu) legten Unbekannte einen abgetrennten Wolfskopf ab. Zwei Wochen zuvor war ein Wolfskadaver in der Nähe eines Pendlerparkplatzes entdeckt worden.

Untersuchungen ergaben, dass es sich um zwei weibliche Tiere aus demselben Rudel handelte. Illegale Abschüsse der – noch – streng geschützten Wölfe sind dabei nichts Besonderes. In der Regel und in anderen Bundesländern erfolgen die Taten aber eher klammheimlich. »Die Täter gehen meist nach dem Motto SSS vor«, sagte ein Wolfsberater dem »nd«. »SSS« stehe für »Schießen, Scharren, Schnauze halten«.

Mehrere Wolfsschutzvereine und Privatpersonen haben jetzt Belohnungen für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung der Täter in Niedersachsen führen, die Gesamtsumme beläuft sich auf 40 000 Euro. Der in Wolfsburg ansässige Freundeskreis freilebender Wölfe hat 10 000 Euro ausgelobt. Die Gewaltspirale nehme immer mehr zu, sagte der Vorsitzende des Vereins, Ralf Hentschel, dem »nd«. Bei illegalen Abschüssen von Wölfen und anderen geschützten Tierarten müsse von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, fügte Hentschel hinzu. Um solche Taten erfolgreich aufklären zu können, fordert der Freundeskreis den Aufbau einer »Stabsstelle für Artenschutzkriminalität«.

Auch der Verein Wolfsschutz Deutschland bemängelt, dass es in der Bundesrepublik im Gegensatz zu anderen Ländern keine eigenen Abteilungen für die Verfolgung von Wilderern und Verstößen gegen den Wildtierschutz gibt. Man habe sogar schon erwogen, einen privaten Ermittler zu beauftragen. Es könne eigentlich nicht angehen, dass Täter in solchen Fällen so schwer zu ermitteln seien. Schließlich hätten doch nicht so viele Menschen Zugriff auf eine Waffe und entsprechende Ortskenntnisse.

Die niedersächsische SPD-Landtagsfraktion kritisierte am vergangenen Donnerstag, dass die Wolfsschützer so hohe Geldsummen ausgesetzt haben. »Einen solchen Aufbau von Selbstjustiz-ähnlichen Anreizen lehnen wir ab«, so der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Wiard Siebels. Die betreffenden Vereine trügen damit ausdrücklich nicht zu einem vernünftigen Umgang mit dem Wolf bei – ganz im Gegenteil: »Sie laden die Debatte weiter emotional auf und polarisieren.«

Die brutale Tötung von Wölfen sei fraglos illegal, die Polizei müsse den Fall aufklären, sagte Siebels weiter. Klar sei aber auch: Die Wolfspopulation habe in Niedersachsen längst eine solche Größe erreicht, dass der Wolf keine bedrohte Art mehr sei. Er stelle in vielen Regionen eine erhebliche Gefahr für Weidetiere dar. Viele Bürger fürchteten sich vor den Tieren.

In Niedersachsen leben rund 400 Wölfe in freier Wildbahn. Die Zahl war zuletzt nicht mehr angestiegen. Während Weidetierhalter und die Landesjägerschaft auf eine Reglementierung des Bestandes, also Abschüsse drängen, fordern Umweltverbände wie der Nabu mehr Geld und Engagement für Herdenschutzmaßnahmen.

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