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Kachowka-Stausee: Erst Hochwasser, jetzt Wassermangel
Der Kachowka-Staudamm hatte einst die Südukraine mit Wasser versorgt. Jetzt fehlt es den Menschen und der Industrie
Fast fünf Meter ist der Pegel des Dnipro als Folge der Zerstörung des Kachowka-Staudammes gesunken. Vier Millionen Menschen, so schätzt die ukrainische »Forbes«-Ausgabe, werden unter dem Wassermangel leiden. Denn die Hauptwasserquelle für Bevölkerung und Industrie in der Region um Saporischschja war der Dnipro. Nun sind Pumpen, in der Regel gut hundert Meter vom Ufer entfernt installiert, nutzlos geworden, die Bezirke Nikopol und Pokrowski sind ohne eigene Wasserversorgung. Um genügend Trinkwasser brauchen sich die Bewohner keine Sorgen machen. In Marganets beispielsweise erhalten die Bewohner 20 Liter Wasser pro Person und Tag, in Nikopol zehn Liter. Das reicht sicherlich zum Trinken, Kochen und Waschen. Wer aber auch noch Vieh zu versorgen hat, Gemüsegärten bewässern will, dürfte schon Schwierigkeiten haben.
Genügend Wasservorräte gibt es auch in der Industriestadt Krywyj Rih – noch. Wer hier im fünften Stock oder höher wohnt, hat jetzt schon kaum oder gar kein Wasser mehr. Noch bleiben etwa anderthalb Monate, um das Problem zu lösen, allerdings nur, wenn man es schafft, das vorhandene Wasser sehr sparsam zu verbrauchen. Und dem Gebiet um Cherson, vor zwei Jahren noch wichtigster inländischer Lieferant von Gemüse und Obst, droht eine Austrocknung, wenn nicht rechtzeitig neue Quellen für die dort notwendige Bewässerung aufgemacht werden, so »Forbes«.
Industrie schwer betroffen
Der Wassermangel in der Zentral- und Südukraine ist auch ein schwerer Schlag für die dortige Industrie. In der Region um die Großstadt Dnipro, einem der wichtigsten Industriezentren des Landes, sind viele Fabriken, die nicht durch russische Raketen zerstört wurden, durch das fehlende Wasser unbrauchbar geworden. Glück haben nur die Werke, die in weiser Voraussicht rechtzeitig einen geschlossenen Wasserkreislauf eingerichtet haben. In Krywyj Rih drosseln Industriebetriebe ihre Produktion, ein Hüttenwerk hat dort gar ganz die Arbeit eingestellt, um Zeit zu gewinnen und Wasser zu sparen.
Eine ganze Region kämpft um Wasser. Man habe bei Cherson Standorte für die Bohrung von fünfzig neuen Brunnen ermittelt, berichtet Olexandr Prokudin, Chef der lokalen Militäradministration, auf seinem Telegramkanal. »Es handelt sich um Pumpstationen, die nach der Sprengung des Staudamms überflutet und beschossen wurden. Jetzt ist es möglich, diese Anlagen zu inspizieren und festzustellen, was für ihre Wiederherstellung notwendig ist, wie, welche Geräte installiert werden können, die entweder mit staatlicher Hilfe oder mit Hilfe einiger internationaler Geber gekauft werden können.«
Alte Brunnen werden wieder angezapft
In der 6000-Einwohner Gemeinde Nowoworonzowka, berichtet das Portal »Radio Swoboda«, werden unterirdische Brunnen wieder genutzt. Unter anderem mit Unterstützung des Internationalen Roten Kreuzes habe man mit Rohren, Pumpen und Baggern eine eigene Wasserversorgung auf die Beine gestellt, zitiert das Portal Andri Selezkyj, den Chef der örtlichen Verwaltung. Außerdem plant die Gemeinde, zehn Brunnen, die seit vielen Jahren nicht genutzt wurden, zu reinigen und instand zu setzen.
Ohne internationale Hilfe kann die Ukraine weder den Betroffen helfen noch alternative Wasserquellen erschließen. Eine der Organisationen, die hilft, ist »Save the Children«. Diese hatte nach eigenen Angaben seit der Explosion des Kachowka-Damms 225 Tonnen Trinkwasser an die betroffenen Gemeinden in den Regionen Cherson, Mykolajiw und Dnipro geliefert. Außerdem verteilte die Kinderrechtsorganisation mehr als 12 000 Hygienesets und rund 1,5 Millionen Dollar an Bargeldhilfe an Familien, die von den Überschwemmungen und der Wasserknappheit betroffen sind.
Militärisch konnte bisher keine Seite das leergelaufene Staubecken nutzen. Noch ist unter der Oberfläche zu viel Feuchtigkeit für die schweren Geräte. Doch die ukrainische Gegenoffensive hat bereits begonnen und könnte auch auf dem Terrain des früheren Stausees vonstatten gehen. Das passende Gerät dafür ist da – aus Deutschland.
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