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Drei Unbekannte greifen israelischen Tourist in Berlin an
Drei Männer haben in Kreuzberg einen 19-jährigen Touristen aus Israel verprügelt. Er telefonierte auf Hebräisch
Ein Tourist aus Israel hat bei der Polizei einen Angriff von drei Männern in Kreuzberg angezeigt. Ermittler*innen prüfen nun einen antisemitischen Hintergrund. Der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung.
Der 19-Jährige habe die Polizei in der Nacht zu einer Rettungsstelle im Krankenhaus gerufen, wo er wegen leichter Verletzungen am Arm und im Gesicht ambulant behandelt worden sei, teilte eine Sprecherin am Sonntag mit. Laut Polizei berichtete der Tourist, er sei am Samstagabend gegen 22.15 Uhr mit einer 18-jährigen Bekannten aus Israel in der Hedemannstraße unterwegs gewesen. Dabei habe er in hebräischer Sprache telefoniert. Plötzlich habe ein mit vier Männern besetztes Auto neben den beiden angehalten und drei Männer seien ausgestiegen.
Nach Schilderung des 19-Jährigen habe das Trio ihn angesprochen, wegen fehlender Deutschkenntnisse habe er sie aber nicht verstehen können. Unvermittelt habe dann einer der Männer zugeschlagen, woraufhin der Israeli zu Boden ging. Alle drei Männer sollen dann auf den liegenden 19-Jährigen eingeschlagen und eingetreten haben. Anschließend seien sie wieder ins Auto gestiegen und weggefahren. Der Begleiterin sei nichts passiert, hieß es. Laut Polizei schilderte sie den Vorfall wie der junge Mann. Einem Bericht der »Berliner Zeitung« zufolge sei bei dem jungen Mann im Krankenhaus eine Gehirnerschütterung diagnostiziert worden.
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (Rias) erfasst zunehmend Angriffe und Anfeindungen, die sich gezielt gegen jüdische Menschen richten. Im Jahr 2022 verzeichnete das Rias in Berlin insgesamt 848 antisemitische Vorfälle. Zwar seien diese im Vergleich zum Vorjahr um rund 20 Prozent zurückgegangen, doch die Anzahl der Gewaltvorfälle sei gleich geblieben. Im vergangenen Jahr kam es demzufolge zu 21 Angriffen und einem Vorfall mit extremer Gewalt.
Antisemitische Vorfälle ereigneten sich dem Rias Berlin zufolge auf der Straße, im öffentlichen Nahverkehr oder an Gedenkorten. Den Opfern werde dabei die Kippa vom Kopf gerissen, sie würden geschlagen oder angefeindet, weil sie auf Hebräisch telefonieren. Oft gingen den Angriffen antisemitische Beschimpfungen voraus. Bundesweit erfasste das Rias Berlin 2480 Vorfälle. 21 Prozent hatten Rias zufolge einen verschwörungsideologischen Hintergrund, 13 Prozent einen rechtsextremen, 53 Prozent waren keinem politischem Spektrum zuzuordnen. Expert*innen zufolge tragen insbesondere soziale Medien dazu bei, dass sich antisemitische Einstellungen verstärkt verbreiten. mit dpa
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