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Raketen mit Russland-Sperre für Kiew
Die Bundesregierung will der Ukraine offenbar Marschflugkörper vom Typ Taurus liefern. Das Einsatzgebiet soll elektronisch beschränkt werden
Deutschland erwägt Medienberichten zufolge, Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine zu liefern. Die Bundesregierung prüfe, wie Deutschland die Ukraine in den kommenden Monaten mit Taurus aus Beständen der Bundeswehr versorgen könne, meldete der »Spiegel«. Dazu liefen Gespräche zwischen dem Verteidigungsministerium und der Rüstungsindustrie. Das Nachrichtenportal »T-online« hatte am Donnerstag unter Berufung auf SPD-Kreise berichtet, die Regierung wolle »in Kürze« die Lieferung verkünden.
Beim »Spiegel« hieß es weiter, das Verteidigungsministerium habe den Taurus-Hersteller gebeten, eine Limitierung für die Ziel-Programmierung in die Marschflugkörper zu integrieren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wolle durch technische Modifikationen ausschließen, dass die Ukraine mit den weitreichenden Waffensystemen Angriffe auf russischem Territorium ausführen kann. In Industriekreisen hieß es dem Bericht zufolge, eine solche Einschränkung des Systems sei durchaus möglich, werde aber einige Wochen in Anspruch nehmen.
Die Ukraine fordert von Berlin Marschflugkörper vom Typ Taurus, um auch Stellungen der russischen Streitkräfte weit hinter der Frontlinie angreifen zu können. Die Bundesregierung war dabei bislang zurückhaltend, weil die Geschosse auch russisches Territorium erreichen können. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte noch vergangene Woche gesagt, dies sei »jetzt gerade nicht unsere vorrangigste Priorität«. Die Bedenken gegen die Lieferung lägen auf der Hand, er schloss eine Lieferung für die Zukunft aber nicht kategorisch aus. »Der Zeitpunkt für eine Entscheidung ist für uns noch nicht gekommen«, hatte Pistorius erklärt.
Sicherheitspolitiker der Union forderten Scholz indessen auf, im Streit um die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper Klarheit zu schaffen. In dieser Frage dürfe es kein »weiteres Ampel-Theater« geben, sagte Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul der dpa. »Für uns ist wichtig, dass eine Entscheidung zur Lieferung von Taurus-Flugkörpern gut abgewogen werden muss. Es muss klar sein, dass es keine Mitwirkung deutscher Soldaten geben darf und die Nachlieferung für die Luftwaffe gleichzeitig mit der Abgabe eingeleitet werden muss.«
Der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Lorenz Gösta Beutin, hat sich scharf gegen eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ausgesprochen. »Marschflugkörper mit Gebietseinschränkungen auszuliefern ist doch ein schlechter Witz«, sagte Gösta Beutin der Nachrichtenagentur AFP am Freitag. »Jeder Jugendliche kann handelsübliches Geoblocking für digitale Dienste umgehen«. Ein moderner Staat mit Zugriff auf IT-Firmen und Flugzeugbauer »wird doch in der Lage sein, eine solche Sperre auch bei Militärtechnik zu umgehen«, sagte er weiter.
Der Linke-Politiker warnte, so würden die Regeln der Rüstungsexporte »ad absurdum geführt«. Gösta Beutin fügte hinzu: »Was kommt als Nächstes: Panzer, deren Ketten blockieren, sobald sie über die Grenze fahren? Sturmgewehre mit Warnaufdruck ›Schießen tötet‹?«
Verteidigungspolitikerinnen von FDP und Grünen haben sich dagegen ausgesprochen, die Reichweite der Taurus-Marschflugkörper als Bedingung für deren Lieferung einzuschränken. »Die Ukraine braucht die deutschen Taurus-Marschflugkörper, um auf russischem Gebiet rein militärische Stellungen angreifen zu können, von denen ständig Angriffe auf die Ukraine ausgehen«, sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Freitag der Düsseldorfer »Rheinischen Post«.
Auch die Grünen-Politikerin Sara Nanni plädierte für die uneingeschränkte Lieferung. »Die Ukraine sollte das konventionelle Material bekommen, das wir selber auch nutzen würden, müssten wir uns oder die Nato verteidigen«, so Nanni gegenüber »T-online«. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete fügte hinzu: »Ohne Einschränkungen.«
Strack-Zimmermann warnte in dem Zusammenhang vor Verzögerungen. »Sollte für die Bundesregierung eine geminderte Reichweite die Bedingung für eine Lieferung sein, würde das eine monatelange Verzögerung für die neue Einstellung der Waffen bedeuten«, sagte die FDP-Politikerin. »Es wäre aber immer noch besser, als gar nichts zu schicken.« Strack-Zimmermann nannte es »richtig, im Konzert mit den westlichen Partnern zu agieren«. »Aber bei den Marschflugkörpern stünde es Deutschland gut zu Gesicht, wie schon bei den Kampfpanzern die erste Geige zu spielen«, so Strack-Zimmermann.
Die Bundewehr besitzt 600 Marschflugkörper des Typs Taurus, von denen 150 bis 300 als einsatzfähig gelten. Die Herstellung durch die Taurus Systems GmbH, einem Tochterunternehmen des Rüstungskonzerns MBDA und der Saab Dynamics AB aus Schweden, erfolgt in Schrobenhausen in Oberbayern. Neben Deutschland verfügen auch Spanien und Südkorea über Marschflugkörper dieses Typs. Sie sind unter anderem mit Tornado-Kampfflugzeugen kompatibel, ukrainische Maschinen müssten für den Einsatz angepasst werden.
Mit Agenturen
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