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DFB-Pokal: Feinde des Fußballs bei Lok Leipzig
BallHaus Ost: Highlights und Tiefpunkte unterklassiger Vereine bei ihren Pokalspielen
Am vergangenen Wochenende stand die erste Runde im DFB-Pokal an. Das bedeutet für unterklassige Teilnehmer, vor großer Kulisse ordentlich Kasse zu machen. Solche Spiele sind für diese Klubs der Höhepunkt des Jahres. Dementsprechend motiviert gingen viele Fanszenen die Spiele an. Im Osten durften Jena, Halle und Lok Leipzig in Heimspielen gegen höherklassige Gegner Fußball spielen.
Als kleiner Thüringer sah ich 1979 den großen Klub aus Magdeburg auf dem Weimarer Lindenberg im Pokal spielen. Wir lagerten hinter dem Magdeburger Tor und gaben alles – spucken, pöbeln, feuchte Papierkügelchen werfen –, um Dirk Heyne verrückt zu machen. Der FCM-Schlussmann nahm die Störmanöver stoisch hin, er wusste was läuft.
Frank Willmann blickt auf den Fußball zwischen Leipzig, Łódź und Ljubljana.
Insgeheim hatten wir großen Respekt vor der Magdeburger Mannschaft, die für den einzigen Europapokalsieg eines DDR-Klubs verantwortlich war. Trotzdem herrschte eine Atmosphäre abstrakten Zorns. Wir waren die von hier, denen ein Oberligaklub nicht die Wurst aus dem Brötchen klauen durfte. Es machte die Runde, in Magdeburg gäbe es keine Thüringer Bratwürste, die fräßen Katze oder Fischwurst. Schlimm, schlimm. Der große Sparwasser hatte seine Karriere wegen eines Hüftleidens beendet; mit Joachim Streich war ein würdiger Nachfolger anwesend, um Weimar zu versenken. Gesagt, getan – er schenkte uns vier Tore ein, ab dem zweiten ließen wir Heyne in Ruhe, um staunend die Streich-Show zu rezipieren.
Am vergangenen Wochenende ließen sich Carl Zeiss Jena mit 0:5 und Lok Leipzig mit 0:7 fachgerecht von der Hertha und Eintracht Frankfurt zerlegen. Der Hallesche FC machte es beim 0:1 gegen Fürth spannender. Unschöne Begleiterscheinungen setzten allen Spielen ein Sahnehäubchen des Abfucks auf. In Halle waren es rassistische Beleidigungen eines schwarzen Fürther Spielers, in Jena gelang es den Auswärtsfans, ein Fluchttor zum Spielfeld zu öffnen und nach dem Spiel vor Jenaer Zuschauern mit den Flügeln zu flattern.
In Leipzig erlebten 11 000 Zuschauer eine knorke Lok-Choreografie unter dem Motto »Der Mythos lebt«. Herrlich umwaberte uns gelber Nebel, es roch nach Schwefel; junge Ultras – auch Frauen – tanzten und sangen sich die Lok-Seele aus dem Leib, während ihnen gegenüber 1200 Frankfurt- und Chemie-Fans den Hals bis zum Zäpfchen offen hielten und ungefähr das Gegenteil von dem behaupteten, was aus Lok-Kehlen zwitscherte. So geil es begann, so traurig endete das Spiel, weil ein paar Feinde des fairen Sports es besonders in Halbzeit zwei nicht lassen konnten, Raketen in den Frankfurter Block zu schießen. Diese erreichten ihr Ziel nicht und krepierten auf halber Strecke, unweit der davor aufgezogenen Polizeikette.
Ein paar sehr heftig mit dem Windbeutel gepuderte Mitmenschen aus dem Lok-Block warfen Böller aufs Spielfeld, die im Bereich der blaugelben Rollstuhlfahrer zündeten und mindestens einen gehandicapten Menschen verletzten. Ungefähr in der 70. Minute schickte der Schiedsrichter alle Kicker samt Staff in die Kabinen. 15 Minuten später ging es weiter, die Lok-Spieler taumelten wie Schattenkrieger übers Feld. Abpfiff, Abmarsch.
Auf dem Weg zu einem Ausflugslokal in der Nähe des Völkerschlachtdenkmals wurden wir von der Polizei eskortiert. Drohnen und Hubschrauber kreisten, Wasserwerfer sorgten für eine Unterbrechung des Straßenbahnverkehrs; an einzelnen Punkten regte sich der Volkszorn, die braven Bürger gingen in Deckung. Bei Gelegenheit lüfteten die Ninjas und Fußballhotten ihre Kopfbedeckungen und ließen die Sonne auf ihre ausrasierten Stiernacken scheinen.
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