• Politik
  • Kosten der Digitalisierung

Protest gegen Meta: Riesiger Wasserbedarf für Rechenzentrum

Der Konzern Meta plant in der trockenen spanischen Hochebene den Bau eines Hyperscale-Rechenzentrums

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 5 Min.
In Schweden, Dänemark und Irland betreibt Meta bereits riesige Hyperscale-Rechenzentren.
In Schweden, Dänemark und Irland betreibt Meta bereits riesige Hyperscale-Rechenzentren.

Die Sonne brennt derzeit besonders heiß vom spanischen Himmel. Auch in Kastilien-La Mancha werden neue Hitzerekorde registriert. Auf bis zu 47 Grad stieg das Quecksilber kürzlich und pulverisierte auch dort alle bisher registrierten Werte. Diese Gegend in Zentralspanien ist trocken und wird von einer langanhaltenden Dürre heimgesucht. Die Stauseen sind leer, das Trinkwasser wird knapp und knapper. Ausgerechnet hier in Talavera de La Reina will der Meta-Konzern ein gigantisches Rechenzentrum bauen, das enorme Wasser- und Strommengen vor allem zur Kühlung verbraucht. Das Projekt soll nach konservativen Angaben 665 Millionen Liter Wasser im Jahr verbrauchen. Vergleichbare Hyperscale-Projekte, die Cloud-Anwendungen anbieten, haben aber zum Beispiel in den Niederlanden gezeigt, dass der Wasserverbrauch real viel höher als angegeben ausfällt. Statt zwölf bis 20 Millionen Liter verbrauchte ein Microsoft-Rechenzentrum dort im Jahr 2021 tatsächlich 84 Millionen.

Gegen das Meta-Projekt in Talavera formiert sich Widerstand. Eine Bürgerinitiative führt den aussagekräftigen Namen: »Tu nube seca mi río« (Deine Cloud trocknet meinen Fluss aus). Umweltschutzorganisationen, wie die »Ecologistas en Acción« (Umweltschützer in Aktion), kritisieren mit Blick auf die Vorkommnisse in Holland auch die spärlichen Angaben des Meta-Konzerns. Dort hatten Bauern auch gegen großen Flächenverbrauch protestiert. In Talavera soll das Projekt auf 180 Hektar Land umgesetzt werden, das sind etwa 250 Fußballfelder. Dazu wären geschätzt weitere 400 Hektar nötig, um den dafür nötigen Strom über Solarmodule zu erzeugen. 250 Megawatt soll die Anlage verbrauchen, etwa ein Viertel der Leistung eines Atomkraftwerks. In den Niederlanden hatte der Konzern von Mark Zuckerberg wegen dieser Faktoren große Probleme, ein geplantes Projekt umzusetzen. Die Regierung hatte im vergangenen Jahr ein Moratorium für Rechenzentren verkündet, die viel Fläche, Energie und Wasser verbrauchen. Meta legte dort schließlich sein Vorhaben auf Eis.

Das vierte große Meta-Projekt in Europa

Kaum jemand denkt wohl bei der Nutzung von Facebook, Whatsapp oder Instagram auf dem Smartphone oder bei Cloud-Anwendungen für Computer über den Wasserverbrauch nach. Dabei spielt der, vor allem für die Kühlung der Rechenzentren, eine enorme Rolle, die mit zunehmender Hitze durch den Klimawandel zunimmt. Die Kühlung wird mit steigenden Temperaturen immer aufwendiger. Es steigt nicht nur der Energie-, sondern auch der Wasserverbrauch. Ein solches Projekt ausgerechnet in einer sehr heißen und trockenen Region umzusetzen, erschließt sich kaum.

In der Region um Talavera wurde schon im April dieses Jahres aufgrund von Wassermangel eine Vorwarnstufe ausgerufen. Seit Mai dürfen Gärten nicht mehr bewässert werden. An Landwirte werden wegen fehlenden Niederschlägen längst Millionensubventionen von der sozialdemokratischen Regionalregierung ausgereicht. Doch 120 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Madrid soll nach dem Willen der Regionalregierung das vierte große Meta-Projekt in Europa umgesetzt werden. In Schweden, Dänemark und Irland betreibt Meta bereits riesige Anlagen. Das Projekt in der Region des Don Quijote soll zudem Sogwirkung zeigen und für weitere Ansiedelungen sorgen.

Das »Meta Data Center Campus« in Talavera soll schnell umgesetzt werden, der Bau noch in diesem Jahr beginnen. Es wurde deshalb zu einem »Projekt von einzigartigem Interesse« (PSI) deklariert, wie der Regionalpräsident Emiliano García-Page unterstrich. Der knapp bei den Regionalwahlen im Mai im Amt bestätigte Regierungschef erklärte unmissverständlich: »Ich werde nicht zulassen, dass sich auch nur ein einziges Unternehmen auf Grund von Wassermangel in diesem Gebiet nicht niederlassen kann.« Er kann nicht verstehen, dass die Ansiedelung wegen Wassermangel in Frage gestellt wird.

Investitionen versus Umweltschutz

So sieht das auch die Bürgermeisterin der schrumpfenden Gemeinde mit ihren etwa 83 000 Einwohnern*innen. Tita García Élez hält es für »unsinnig«, das Projekt anzuzweifeln. »Wasser ist mehr als genug da«, erklärt sie, auch mit Blick auf die 27 Kubikhektometer, die monatlich für Landwirtschaft, Industrie und Tourismus in die Mittelmeerregion abgeleitet werden, und macht ein Konfliktfass auf. Ihr Parteifreund Emiliano García-Page erklärt: »Ich will niemandem das Wasser wegnehmen, aber wir müssen als Region dafür sorgen, dass es uns hier nicht fehlt.« Ein höherer Wasserverbrauch könnte aber auch zu neuen Problemen mit Portugal führen, das oft kritisiert, dass schon bisher vereinbarte Mindestmengen nicht über grenzüberschreitende Flüsse wie den Tajo ins Nachbarland fließen.

Die Umweltschützer in Aktion verweisen darauf, dass der Fluss Alberche, ein Tajo-Zufluss, der Talavera mit Wasser versorgt, längst »Teil eines bereits stark belasteten Wasserdefizitsystems« sei. Sie haben große Zweifel, dass die Versorgung gesichert ist, wenn weitere Verbraucher hinzukommen. Für Aurora Gómez ist klar, warum Meta nach Talavera will. »Sie haben sich ein unbesiedeltes Gebiet mit einer hohen Arbeitslosenrate ausgesucht«, erklärte die treibende Kraft der Bürgerinitiative gegenüber der Zeitung El País. Diese hatte Projektunterlagen einsehen können und Daten veröffentlicht. Meta hält sich dagegen bisher mit Angaben zurück.

Gómez verweist auf Projekte in den Vereinigten Staaten, wo in wenig besiedelten aber heißen Bundesstaaten wie Arizona, Utah und Oregon Hyperscale-Zentren auch Dürreprobleme verschärften. Versprechen zu Arbeitsplätzen und Investitionen in solchen Regionen verringere den Widerstand gegen Projekte mit hohen Umweltkosten, erklärt Gómez, Psychologin und Aktivistin für digitale Rechte. Viele Arbeitsplätze seien so hoch qualifiziert, dass sie kaum mit einheimischen Leuten besetzt werden können. Die Bürgerinitiative geht auch davon aus, dass die Versprechen nicht eingehalten werden, der Verbrauch von Wasser und Strom zudem viel höher ausfallen wird.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -