Outsourcing: Ein Technikmuseum, eine Belegschaft!

Stiftungsrat verweigert Umsetzung von Parlamentsbeschlüssen, Beschäftigte fürchten um ihre Arbeitsplätze

  • Christian Lelek
  • Lesedauer: 5 Min.
In einem Betrieb und unter einem Dach: Am Technikmuseum werkeln mittlerweile drei Belegschaften.
In einem Betrieb und unter einem Dach: Am Technikmuseum werkeln mittlerweile drei Belegschaften.

Es geht um das Schicksal von 150 Mitarbeitenden am Technikmuseum. Ihr Arbeitgeber, die T&M Technik und Museum Marketing GmbH (T&M) steht seit zwei Jahrzehnten im Auftrag der Stiftung Deutsches Technikmuseum (SDTM). »Wir haben am 7. September eine Stiftungsratssitzung, der ich vorstehe, und da werden wir das besprechen«, sagte Kultursenator Joe Chialo (CDU) dem RBB im Juli mit Blick auf die Zukunft der T&M.

Bereits im Juni 2021 hatte das Abgeordnetenhaus entschieden, dass die Beschäftigten der T&M bei der SDTM anzustellen seien und die T&M in der Folge aufgelöst werden solle. Doch die endgültige Entscheidung obliegt dem Stiftungsrat. Dort kann der dem Gremium vorsitzende Berliner Kultursenator darauf drängen, Beschlüsse des Abgeordnetenhauses umzusetzen. Letztendlich bedarf es aber einer Mehrheitsentscheidung der Mitglieder.

Mit ihrer Gründung 2002 ermöglichte es die T&M, hundertprozentige Tochter der SDTM, Billiglöhner*innen mit einer hohen Befristungsquote zu beschäftigen. Die Belegschaft stemmte sich dagegen, baute einen Betriebsrat auf und erstritt 2018 die Anbindung an den Tarifvertrag der Länder (TV-L). So gilt ein Großteil der Argumente, die einst die Ausgliederung begründeten, heute nicht mehr.

Seit dem Beschluss des Abgeordnetenhauses lässt eine Entscheidung des Stiftungsrats auf sich warten. Es ist keineswegs ausgemacht, wie sie ausfallen wird. Selbst ein Verkauf der T&M und eine Vergabe der Aufgaben an ein Privatunternehmen scheinen nicht ausgeschlossen.

Paul Kramer arbeitet seit 2015 bei T&M. Er ist in der Besucher*innenbetreuung eingesetzt und Vertrauensperson der Gewerkschaft Verdi. Er sagt »nd«, dass das Arbeiten seit der Anbindung an den TV-L sehr angenehm sei. »Wir werden aber dahingehend bedroht, dass die GmbH verkauft wird, weil wir so gut organisiert sind«, führt er aus. 60 bis 70 Prozent der von T&M Beschäftigten seien Gewerkschaftsmitglieder.

Auf die schleichende Entledigung der T&M deuten die Aussagen von Salim Bellachia hin. Er ist Mitglied im Betriebsrat und berichtet »nd« von der Zeitarbeitsfirma Team Flex: Seit Jahren werde sie von T&M eingesetzt, um Arbeitsspitzen auszugleichen. T&M hätte trotz Bedarfs seit April 2021 nicht mehr eingestellt. Mittlerweile bestehe ein Personalmangel von zehn bis 15 Stellen. »Vor einem Jahr sind etwa zehn Mitarbeiter von Team Flex für den Neubau eingesetzt worden.« Seitdem werde er fast ausschließlich von Leiharbeiter*innen bewirtschaftet. Das erzeuge bei den Kolleg*innen der T&M Zweifel an der Zukunftssicherheit ihrer Arbeitsplätze.

Von den im Landeshaushaltplan für 2023 prognostizierten Erträgen von 35 Millionen Euro sind 30 Millionen als Zuschüsse von der Stadt vorgesehen.

Eine Sprecherin der SDTM hebt gegenüber »nd« hervor, dass an allen anderen Berliner Museen Firmen aus dem Privatsektor tätig seien und nicht nach TV-L bezahlt werde. Sie widerspricht zudem der Aussage des Betriebsrats, dass die Gesamtbelegschaft über das Konstrukt der T&M gespalten werde. Eine Vollintegration brächte jährlich Mehrkosten von 1,5 Millionen Euro. »Eine Eingliederung zum jetzigen Zeitpunkt ist unnötig, da dies für die Mitarbeitenden keine Vorteile brächte und sich ihr Arbeitsalltag dadurch nicht verändern würde«, sagt die Sprecherin.

Dem widerspricht Kramer, denn gerade durch die mittlerweile bestehende Dreiteilung des Betriebs sei der Informationsfluss zwischen den Mitarbeitenden gehemmt und der Verwaltungsaufwand vervielfacht.

Auch der Personalrat der SDTM strebt eine Vereinigung an. So heißt es in einer Erklärung: »Der Personalrat unterstützt diese und arbeitet eng mit dem Betriebsrat der GmbH zusammen. Ein Haus, eine Belegschaft!« Birgit Richter, Vorsitzende des Personalrats, sagt »nd«: »Die meisten Angestellten der Stiftung verstehen die Trennung nicht und befürworten eine Integration.« Der Vorgang sei aber auch dem Personalrat »völlig intransparent«.

Durch die Struktur genießt die ausgelagerte Belegschaft zwar der T&M gegenüber Arbeitsrechte wie Kündigungsschutz, nicht aber gegenüber der SDTM, die ihren Vertrag mit der T&M leicht kündigen kann. Dazu kommt neben einer für die etwa 186 Beschäftigten der SDTM und 150 Mitarbeitenden von T&M geteilten Mitbestimmung ein grundsätzlicher Unterschied in Sachen TV-L. Während die Stiftung öffentlichen Rechts zwangsläufig an den TV-L gebunden ist, hängt die Gültigkeit für die T&M von eigenen Auseinandersetzungen mit Verdi ab und kann auch gekündigt werden.

Nicht zuletzt deutet der Komplex auf die Unfähigkeit des Parlaments hin, ausreichend Einfluss auf die Einrichtungen des Landes zu nehmen. Der Abgeordnete Lars Düsterhöft (SPD) kündigte daher gegenüber »nd« an: »Sollte der Beschluss des Abgeordnetenhauses weiter missachtet werden, werde ich mich gemeinsam mit einigen Kolleg*innen für eine Haushaltssperre für das Technikmuseum einsetzen.« Diese Sperre würde erst nach Umsetzung des Beschlusses wieder aufgehoben werden. Betriebsrat Bellachia verweist auf die historische Dimension. Bereits 2015 waren der SDTM drei Millionen Euro gesperrt worden, bis diese erklärte, von ihrer um sich greifenden Befristungspraxis Abstand zu nehmen.

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