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- Radsport: Vuelta a España
Radprofi Lennard Kämna trägt bei der Vuelta sein altes Kleid
Lennard Kämna jagt erfolgreich nach Etappensiegen, hat den Traum von Rundfahrttriumphen aber noch nicht aufgegeben
Da war sie jetzt auch bei der Vuelta a España zu sehen, die Faust, die in den Himmel zeigt. Bei nunmehr allen drei großen Rundfahrten des Radsports konnte Lennard Kämna am weißen Zielstrich einer Etappe diese Jubelgeste zeigen. Er begann diese Serie vor fast genau drei Jahren. Auf der 16. Etappe der Tour de France, die wegen der Pandemie in den Monat September verschoben worden war, stürmte er allein den letzten Anstieg nach Villard-de-Lans hinauf. Den Kopf ein wenig schief gehalten, wie es so seine Art ist, ließ er auch prominenten Fluchtgenossen wie Giro-Sieger Richard Carapaz keine Chance. Er hatte erstmals auf ganz großer Bühne seine Kräfte perfekt eingeteilt, hatte instinktsicher die gewinnbringende Attacke gesetzt. Er wiederholte das Kunststück zwei Jahre später am Vulkan Ätna beim Giro d’Italia und schloss das Triple in diesem Jahr auf der 9. Etappe der Vuelta erfolgreich ab.
Stets rettete Kämna mit seinen Siegen dabei sehr maue deutsche Radsportjahre. Nur sieben deutsche Siege kamen 2020 zusammen, sogar nur deren fünf in der Saison 2022, und ein Jahr später sind es bislang auch wieder nur sieben. Als die Top-Sprinter André Greipel oder Marcel Kittel noch aktiv und ein Tony Martin nicht nur im Zeitfahren eine Bank waren, zählten die Deutschen oft doppelt so viele Erfolge, 2014 sogar deren 23. Auch für das deutsche Profiteam Bora hansgrohe ist Kämna derzeit der Stimmungsaufheller. Kapitän Alexander Wlassow hat sich mit einem guten Zeitfahren zwar zurück unter die besten Zehn im Klassement gefahren, ist vom eigentlichen Ziel eines Podiumsplatzes aber ein ganzes Stück entfernt.
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Und so ist es erneut an Kämna, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Auch beim Giro, nach dem Corona-bedingten Rückzug Wlassows, hielt der Norddeutsche zwei Wochen lang die Illusion am Leben, mal wieder einen guten deutschen Rundfahrer zu haben. Auf der Königsetappe zu den Drei Zinnen von Lavaredo bekam er dann aber seine Grenzen aufgezeigt und musste die Spitzenfahrer um Gesamtsieger Primož Roglič ziehen lassen. »Der Berg war dann ein bisschen zu steil für mich«, bilanzierte Kämna, der auch im Zeitfahren als 15. Federn ließ.
Weil der Giro aber als Chance zum Lernen deklariert worden war, fiel die Bilanz insgesamt positiv aus, schließlich ist Rang neun bei einer großen Landesrundfahrt immer noch eine starke Leistung. Mut machen konnte Kämna zudem, dass eine Bronchitis, an der er in der letzten Woche litt, sein Leistungsvermögen einschränkte. Es steckt theoretisch also mehr in ihm. Genau dieses Ausreizen der eigenen Grenzen war schließlich die Hauptmotivation für den Rollenwechsel vom Etappenjäger zum Mann mit Klassementambitionen. Der 26-Jährige will sehen, wo sein Limit liegt und sich nicht später vorwerfen müssen, nicht alles versucht zu haben in seiner Karriere, nur weil die Siege auf einzelnen Etappen leichter zu erringen sind als exzellente Resultate in Gesamtklassements.
Dass er aktuell bei der Vuelta wieder ins alte Kleid des Etappenjägers zurückschlüpfte, hat auch mit den Nachwehen jener Bronchitis zu tun. »Sie hat mir für die Zeit danach die Schuhe ausgezogen, sie steckte so tief drin. Auch die Vorbereitung für die zweite Saisonhälfte litt darunter. Das Training hat nicht angeschlagen, weil der Körper sich nicht gut regeneriert hat«, erklärte Kämna. Die Basis war also nicht solide genug für den Kampf um das Gesamtklassement. Stand jetzt wird Kämna aber einen neuen Anlauf bei der Tour de France 2024 unternehmen.
Etwas Frankreich-Gefühl stellt sich bereits an diesem Freitag in Spanien ein, mit dem Aufstieg zum Col du Tourmalet. Den kennt Kämna gut: 2019 gelang ihm hier fast sein erster großer Streich bei der Tour de France. Er gehörte damals zur Fluchtgruppe des Tages, die dann aber die von hinten heranrasenden Spitzenfahrer doch noch an sich vorbeiziehen lassen musste. Die Ausreißer hatten davor nicht an einem Strang gezogen und somit zu wenig Vorsprung herausgefahren. »Besser wäre es gewesen, richtig schnell in die Abfahrt zu gehen und in der Ebene schön zusammenzufahren«, nahm er damals als Erkenntnis mit. Die könnte beim nächsten Versuch bei der Vuelta nun sehr hilfreich sein.
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