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DFB: Völler und Rettig gegen die Macht Baden-Württembergs
Alexander Ludewig über die schnelle Wandlung des DFB-Teams und einen neuen kritischen Geist im Verband
Im Moment des Erfolgs lohnt ein Blick zurück. Ein Erfolg war das 2:1 gegen Frankreich zweifelsohne. Wichtiger als der Sieg war dabei das Auftreten der deutschen Fußballer. Lustvoll laufen, kämpfen und verteidigen: Eine derart leidenschaftliche und mannschaftlich geschlossene Darbietung des DFB-Teams gab es schon sehr lange nicht mehr zu sehen. Klar, das sind die »Basics«, wie Thomas Müller am Dienstagabend in Dortmund betonte. Sie ruft der Münchner, wie alle anderen auch, Woche für Woche im Ligaalltag ab – im Nationaltrikot klappte das nicht.
Als Oliver Ruhnert jüngst nach Gründen dafür suchte, kam das nicht überall gut an. Der Manager des 1. FC Union kritisierte, dass der DFB »nur noch aus dem Südwesten« bestehe. Kein Jugendnationaltrainer komme mehr aus dem Osten oder Westen, sondern alles aus Richtung Freiburg, Baden-Württemberg und vielleicht noch Hessen. Ruhnert fehlt die »Pluralität«. Der Blick in die Trainerlisten des DFB gibt ihm recht. Am Ende dieser Entwicklung steht das Nationalteam – als Ziel aller Jugendspieler und Aushängeschild des DFB.
Der Ursprung liegt in Göppingen: 2004 wurde Jürgen Klinsmann Bundestrainer. Er verordnete dem deutschen Fußball dringend benötigte Reformen. Und mit dem Schönauer Joachim Löw als Assistenten an seiner Seite spielte das Nationalteam wieder gut und erfolgreich. Zehn Jahre später war Deutschland mit dem Bundestrainer Löw Weltmeister. Dessen Assistenten waren der Heidelberger Hansi Flick, Thomas Schneider aus Rheinhausen und der Ulmer Marcus Sorg, der dann auch dem Bundestrainer Flick assistierte. Fast 20 Jahre herrschte nur Baden-Württemberg.
Genau das kritisierte Ruhnert als »Kokon«, der nicht zu durchbrechen sei. Vollkommen zurecht. Denn der Misserfolg begann, als Löw und Oliver Bierhoff auf dem Höhepunkt 2014 »Die Mannschaft« erschaffen durften. Das Nationalteam lebte fortan in einer Blase, geführt von einem beratungsresistenten Weltmeistertrainer und einem Sportdirektor, dem Marketing wichtiger als Fußball war. Dem DFB war dies ganz recht, fehlte es in den Funktionärsreihen doch seit jeher an sportlichem Sachverstand. Damit aber gab der Verband die Kontrolle ab, auch im Vertrauen darauf, dass der Erfolg ewig währt. Kritik von außen drang auch zum logischen Löw-Nachfolger Flick nicht durch.
Die Blase ist nun hoffentlich geplatzt. Wie einfach ein Wandel herbeizuführen ist, zeigte Rudi Völler. Der Sieg gegen Frankreich darf nicht überbewertet werden. Die aber auch in den vergangenen Jahren stets vorhandene Qualität im Team konnte er in kurzer Zeit wieder auf den Platz bringen. Tief blicken lässt auch, wenn ein Weltmeister wie Bastian Schweinsteiger sich Louis van Gaal als neuen Bundestrainer vorstellen kann, weil der Niederländer einem auch sagt, wenn man schlecht gespielt hat.
Einen ersten Schritt in eine bessere Zukunft hat der DFB am Freitag gemacht. »Andreas Rettig wird ab sofort neuer Geschäftsführer Sport der DFB GmbH & Co. KG. Er verantwortet künftig die Bereiche Nationalmannschaften und Akademie«, teilte der Verband die einstimmige Entscheidung des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung mit. Mit dem 60-Jährigen, der schon in vielen verschiedenen Funktionen ein Gewinn für den Fußball war, holt sich der DFB einen kritischen Geist in die eigenen Reihen. Das kann nur gut sein. Ebenso, dass Rettig bei der Suche nach einem neuen Bundestrainer nun ein Wort mitsprechen wird.
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