AfD verklagt Polizeipräsident, der erhält Solidarität

Der Beamte hatte der rechten Partei das Schüren von Hass vorgeworfen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Über »Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse« zog Alice Weidel, mittlerweile AfD-Ko-Vorsitzende, 2018 im Bundestag her. Ihre damalige Rede ist nur ein Beispiel von vielen dafür, dass die Rechtspopulisten Bevölkerungsgruppen gezielt mit Schmähungen überziehen. Nur einstecken können sie nicht. Das demonstriert die AfD in Niedersachsen dieser Tage einmal mehr. Sie ruft nach der Kritik eines Polizeipräsidenten an ihren Taktiken nach dem Kadi und fordert den Rücktritt des Beamten, der damit seine Pflicht zur politischen Neutralität verletzt habe.

Der Grund: Johann Kühme, Polizeipräsident von Oldenburg, hatte kürzlich in einem Interview konstatiert, die AfD verdrehe Wahrheiten und verbreite Lügen mit dem Ziel, Ängste und Hass in der Bevölkerung zu schüren. Sie manipuliere das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen, sagte Kühme, der seine Äußerungen auch mit Beispielen belegte. Damit stelle sich die AfD auch gegen die Arbeit der Polizei.

Die AfD Niedersachsen findet, mit diesen Einschätzungen habe sich Kühme »in herabwürdigender Weise« über sie geäußert. Sie erhob vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg eine »Feststellungsklage«. Damit wolle man sich gerichtlich bescheinigen lassen, dass der Polizist mit seinen Äußerungen die laut Beamtenstatusgesetz gebotene Neutralität sowie »Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung« verletzt habe, sagte AfD-Landeschef Stephan Bothe.

Zugleich reichte die Partei Anfang der Woche eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Kühme bei Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens ein. Die SPD-Politikerin sagte dem NDR, sie werde die Vorwürfe prüfen. Unabhängig davon stehe für sie fest: »Die AfD Niedersachsen gilt für unseren Verfassungsschutz aus gutem Grund als Verdachtsobjekt.« Es sei Aufgabe der Polizei und erst recht von deren Führungskräften, sich für eine »wehrhafte Demokratie« einzusetzen.

Die Präsidenten der fünf anderen niedersächsischen Polizeidirektionen solidarisierten sich in persönlichen Erklärungen mit Kühme, ebenso der Chef des Landeskriminalamts, Friedo de Vries, und der Chef der Polizeiakademie, Carsten Rose. Gwendolin von der Osten, Polizeipräsidentin von Hannover, betonte, die AfD sei offenbar bemüht, Kriminalität »selektiv« darzustellen und »monokausal auf eine unterstellte Migrationsgeschichte« zurückzuführen.

Auch Vertreter von Grünen und SPD im Landtag und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) stellten sich hinter Kühme. GdP-Landeschef Kevin Komolka erklärte, dieser habe »eindeutig benannt, wie die AfD die Bürgerinnen und Bürger bewusst und gezielt täuscht«, um ihre Ziele durchzusetzen. Wenn man bedenke, dass eine ihrer Führungspersonen »ein Faschist ist« – so darf Thüringens AfD-Vorsitzender Björn Höcke laut Gerichtsentscheid bezeichnet werden – und dass ihre Jugendorganisation in mehreren Bundesländern als »gesichert rechtsextremistisch« eingestuft sei, habe ein Polizeipräsident auch die Aufgabe, »die Bevölkerung vor dieser Gefahr zu warnen«, so Komolka.

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