Isolierung der Hamas durch eine Perspektive für die Palästinenser

Cyrus Salimi-Asl über die Terrorangriffe der Hamas auf Israel

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Schule des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) ist nach einem israelischen Luftangriff beschädigt.
Eine Schule des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) ist nach einem israelischen Luftangriff beschädigt.

Die wahllose Tötung und Entführung israelischer Zivilisten und Soldaten ist durch nichts zu rechtfertigen. Besonders abstoßend sind die martialischen PR-Videos und Selfies von Hamas-Kämpfern vor Toten und Entführten; unerträglich ein Video, in dem palästinensische Jugendliche einen entführten israelischen Jungen demütigen. Hamas solle einen »immensen Preis« zahlen, sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu, Gaza werde in eine »menschenleere Insel« verwandelt. Das verheißt nichts Gutes. Und es ist zu befürchten, dass nach dem Krieg alles wieder sein wird wie vorher – mit vielen Toten mehr auf beiden Seiten.

Die Frage, warum Hamas gerade jetzt zugeschlagen habe, ist müßig. Die Gründe liegen in einer mittlerweile über 50 Jahre währenden Besatzung und Diskriminierung der Palästinenser und maßgeblich in dem Zwang für militante Gruppen wie Hamas, ihre Existenzberechtigung regelmäßig durch radikale Tötungsakte unter Beweis zu stellen. In einem Akt der Selbstermächtigung versucht Hamas offensichtlich, sich mittels brutaler Gewalt als einzig legitime, da handelnde Vertretung der Palästinenser zu inszenieren.

Der von vielen Kommentatoren bemühte Vergleich mit dem Jom-Kippur-Krieg, dessen Beginn vor 50 Jahren sich am Freitag jährte, ist unseriös, suggeriert er doch, dass Hamas militärisches Potenzial besitze wie seinerzeit die Armeen Ägyptens oder Syriens. Hamas kann zwar viele Menschen töten, ist aber nicht vergleichbar mit einer modernen Armee mit Panzern und Kampfflugzeugen. Hamas’ Waffe ist der Terror, Israel auf militärischem Gebiet eine kleine Großmacht, die Militärtechnik an Aserbaidschan oder auch Deutschland verkauft. Die Überhöhung der Stärke der Hamas macht diese rassistische, offen judenfeindliche Terrorbande nicht schlimmer als sie bereits ist, soll aber harte Vergeltungsmaßnahmen rechtfertigen.

Netanjahu reagiert wie erwartet mit Härte, nicht anders als der türkische Staatspräsident Erdoğan: Gegen Terrorangriffe bieten sie das ganze militärische Potenzial auf, geben als Ziel Vernichtung vor – mit dem Unterschied, dass Israel die Medienöffentlichkeit auf sich zieht, die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei auf Rojava und die Kurdengebiete Syriens und des Iraks nicht.

Die Terrorangriffe zeigen, dass die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn keine Lösung des Konflikts mit den Palästinensern inkludiert. Auch die Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien dürfte damit fürs Erste vom Tisch sein. Ein Aussitzen des Konflikts kann sich Israel nicht länger erlauben, ebenso wenig wie seine Verbündeten in Europa und den USA, die sich vom Normalisierungsprozess haben blenden lassen. Nach einer Waffenruhe müssen sofort Vorschläge auf den Tisch, wie eine dauerhafte Lösung erreicht und ein palästinensischer Staat Wirklichkeit werden kann. Wer Gruppen wie Hamas oder den Islamischen Dschihad marginalisieren und isolieren will, muss den Palästinensern eine greifbare Perspektive bieten.

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