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Irans Machthaber feiern Hamas
Es gibt keine Beweise für eine direkte Beteiligung Teherans, aber verschiedene Hinweise
Mindestens 800 Menschen sind bei den Terrorangriffen in Israel ums Leben gekommen. In Teheran überschlagen sich Regierungsvertreter mit Lobpreisungen für die Hamas, allen voran Präsident Ebrahim Raisi, von dem viele sagen, dass er sich als Nachfolger für den nun 84-jährigen Staatschef Ajatollah Ali Khamenei in Stellung bringt. Und dabei eine Rhetorik nutzt, die auch im Iran sehr aus der Zeit gefallen wirkt: Jerusalem, kleiner und großer Satan, zionistisches Gebilde standen im Playbook von Revolutionsvater Ajatollah Ruhollah Khomeini in den 80er Jahren ganz vorne; er versuchte damit, seinem Regime eine Führungsrolle im Nahen und Mittleren Osten zu verschaffen, den revolutionären Geist in der eigenen Bevölkerung aufrechtzuerhalten – und seine Revolutionsgarden setzten das alles um. Während die staatliche Propaganda mit dem Aufkommen des Internets, später der Smartphones zunehmend an Wirkung verlor, hatten die Revolutionsgarden eine nahezu unüberschaubare Zahl an militanten Gruppen überall im Nahen Osten finanziert, ausgebildet, teilweise auch bewaffnet.
Die Bekanntesten davon: Die Huthi-Milizen im Jemen, die Hisbollah im Libanon. Und die Hamas im Gazastreifen, die am Samstag jenen Überraschungsangriff startete, der die Welt seitdem in Atem hält. Und dabei steht auch die Frage im Raum: Hat die iranische Führung, haben die Revolutionsgarden etwas damit zu tun? Ghazi Hamad, ein Sprecher der Hamas, bestätigte das dem britischen Sender BBC gegenüber bereitwillig. Und das amerikanische »Wall Street Journal« berichtet von mehreren Treffen zwischen Vertretern der Hamas und der Revolutionsgarden in Beirut.
Doch die stellvertretende Außenministerin der USA, Victoria Nuland, sagte am Sonntag in einem Briefing der Führung des Repräsentantenhauses, man habe noch keine Beweise für eine iranische Beteiligung gefunden; »das bedeutet aber nicht, dass wir sie nicht finden werden«. Der Iran habe eine lange Vorgeschichte der militärischen und finanziellen Unterstützung für die Hamas, zitiert der Sender CNN zudem einen namentlich ungenannten demokratischen Senator: Dies mache es wahrscheinlich, dass die Revolutionsgarden auch jetzt beteiligt seien.
Ob oder ob nicht, von der Antwort hängt viel ab: Schon jetzt wurden mehr als 800 Ziele im Gazastreifen zerstört, die meisten in einem einzigen Stadtteil von Gaza-Stadt, über 400 Menschen getötet. Eine noch weitreichendere Operation dürfte bevorstehen. Sollte aus der Frage nach der iranischen Mitwirkung mehr werden als eine informierte Vermutung und sich dann möglicherweise auch noch die Hisbollah aus Richtung Norden an den Angriffen beteiligen, wird es auf einen Militäreinsatz gegen den Iran hinauslaufen.
Regierungschef Benjamin Netanjahu warnt bereits seit den 90er Jahren vor dem iranischen Atomprogramm, der von dort ausgehenden Terrorfinanzierung. Bislang drängten aber Militärführung, Geheimdienste und viele Politiker darauf, einen direkten Krieg möglichst zu vermeiden. Doch die Unterstützung ist massiv gestiegen; es herrscht ein allgemeines Gefühl, dass nun umfassende Maßnahmen ergriffen werden müssen. Mitte 2022 hatte der damalige Regierungschef Naftali Bennett angekündigt, der »Krake den Kopf abschlagen zu wollen«, die von Teheran aus ihr Terrornetz über den gesamten Nahen Osten gespannt habe. Nun sei es Zeit dafür, kommentieren mehrere israelische Medien.
Die Lage an der israelischen Nordgrenze zum Libanon ist derweil gespannt: Immer wieder heulen auch dort die Sirenen, schlagen vereinzelt Raketen und Geschosse ein. Am Montag überwanden auch mehrere Terroristen die Grenzanlagen und wurden getötet. Unklar ist jedoch, ob Abschüsse und Durchbrüche auch tatsächlich der Hisbollah zugerechnet werden können. Im Libanon leben viele Palästinenser; es ist durchaus denkbar, dass die Hamas auch versucht, von Norden aus anzugreifen.
Daran, wie sich die Hisbollah verhalten wird, zeigt sich auch, wie groß der Einfluss auf die Revolutionsgarden tatsächlich ist. Denn es gibt zwar eine ideologische Nähe der libanesischen Organisation zur iranischen Führung. Auch die Kontakte sind umfangreich. Sowohl der Iran als auch die Hisbollah kamen den Truppen des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad zu Hilfe. Aber gerade eben im Syrien-Krieg zeigte sich auch, dass ideologische Nähe allein nicht ausreicht: Immer wieder ließen sich Gruppen von den Iranern ausbilden und bewaffnen – und gingen dann eigene Wege.
Bei der Hisbollah kommt hinzu: Sie hat über die Jahre eigene Wege gefunden, sich zu finanzieren, sich auszurüsten. In Teilen der Bevölkerung hat sie großen Rückhalt, muss aber auch auf deren Bedürfnisse Rücksicht nehmen. Der Libanon befindet sich in einer schweren Krise, ein Krieg würde diese massiv verschärfen. Ohne direkten Anlass einen Krieg auf Ansage aus Teheran loszubrechen, wäre gesellschaftlich kaum vermittelbar.
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