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Juden haben in Brandenburg Angst um ihr Leben
Geplante Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten trifft bei Anhörung auf Zustimmung
Das Land Brandenburg will die Stelle eines Antisemitismusbeauftragten schaffen. Bei einer Anhörung des Landtags zu diesem Plan haben sich alle befragten Experten dafür ausgesprochen. Brandenburg wäre das 15. von 16 Bundesländern, das einen solchen Beauftragten beruft.
Zu einem irritierenden Auftritt kam es am Mittwoch gleich zu Beginn der Anhörung im Hauptausschuss. Der von der AfD als Experte benannte Ud Joffe von der jüdischen Gemeinde Brandenburg-West erklärte, er werde hier genauso wenig als Sachverständiger der AfD auftreten, wie er Sachverständiger von SPD oder CDU sein wolle. »Das wird nicht stattfinden.« Er ziehe es vor, gar nichts zu sagen, sondern den Ausführungen interessiert zu lauschen.
Gegenstand der Anhörung war der von SPD, CDU, Linke, Grünen und Freien Wählern eingebrachte Entwurf eines »Gesetzes über die Beauftragte oder den Beauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus im Land Brandenburg«. Landesrabbiner Ariel Kirzon vom Landesverband der sieben jüdischen Gemeinden sprach es unmissverständlich aus: »Hass auf Juden in Deutschland ist Realität.« Als jüngstes Beispiel nannte er die Freudenfeiern in Berlin angesichts des Überfalls der palästinensischen Hamas auf Israel. Die Hamas habe weltweit dazu aufgerufen, Juden zu töten. Kiszon sagte: »Wir haben Angst um unser Leben und das unserer Kinder.« Er sprach von tausenden Fällen im Jahr, in denen Juden auf unterschiedliche Weise angegriffen werden. Auch er selbst und sein Sohn seien schon angegriffen worden. Auf der anderen Seite lobte der Rabbiner die »unglaubliche Solidarität und Unterstützung«, die die jüdische Gemeinschaft in Deutschland dieser Tage erfahre. Mit der Berufung eines Antisemitismusbeauftragten setze die Politik ein weiteres Zeichen, den Juden zur Seite zu stehen.
Der Rabbiner erwartet, die zum Beauftragten berufene Person werde »auf Augenhöhe« mit den jüdischen Gemeinen kommunizieren und ihre Interessen vertreten. Sie müsse »ein Medium zwischen den Gemeinden und dem Parlament sein«. Das setze kulturelles Verständnis für die jüdischen Belange voraus. Den jüdischen Gemeinden in Brandenburg sei es wichtig, vor der Benennung angehört zu werden. »Das Parteibuch darf nicht im Vordergrund stehen.« Ferner erwarten die Juden in Brandenburg, dass der oder die Beauftragte »sich für den Schutz der jüdischen Einrichtungen im Bundesland einsetzt«. Arkadij Schwarz vom Landesverband der jüdischen Gemeinden gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass bei dieser Personalentscheidung »nicht Parteiinteressen vorherrschen, sondern der gesunde Menschenverstand«.
Die Art und Weise, wie Brandenburg an dieses Thema herangehe, sei »sinnvoll, nachhaltig und hat meine Unterstützung«, erklärte Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und für den Kampf gegen Antisemitismus. Um selbst Erfolg zu haben, sei er auf die Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen angewiesen, so Klein. Es sei geraten, dauerhaft Ansprechpersonen zu haben, die imstande sind, jüdisches Leben sichtbar zu machen und die Probleme ernst zu nehmen. Klein berichtete von seinem Anliegen, überall in der Ausbildung von Juristen und Medizinern verbindlich zu machen, dass diese über die von den Faschisten an den Juden verübten Verbrechen unterrichtet werden. »33 Prozent der Medizinstudenten wissen nicht, wer Josef Mengele war«, beklagte Klein. Mengele war SS-Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und führte grausame medizinische Experimente an Häftlingen durch. Er starb 1979 unbehelligt in Brasilien.
Solche Vorhaben, betreffend die Ausbildung von Medizinern und Juristen, seien nur über Beauftragte zu realisieren, die auf Landesebene handeln, meinte Klein. Schulen sollten Prüfungstermine nicht auf jüdische Feiertage legen, ergänzte er. Denn an solchen Feiertagen bestehe ein verbindliches Schreib- und Arbeitsverbot für gläubige Juden. Es gelte auszuschließen, dass ihnen wegen verpasster Prüfungen Nachteile erwachsen. Antisemitismus sollte »systemisch« bekämpft werden, Aktivitäten dürften nicht erst dann erfolgen, wenn bestimmte Ereignisse dazu zwingen.
Die Linke hatte Nikoline Hansen vom Jüdischen Forum für Demokratie und
gegen Antisemitismus als Anzuhörende benannt, was die Wissenschaftlerin allerdings nicht daran hinderte, gegen einen Zusatzantrag der Linksfraktion zu argumentieren. Dem Anliegen, dem neuen Beauftragten auch die Bekämpfung von Antiziganismus, also dem Hass auf Sinti und Roma, aufzutragen, konnte Hansen nämlich nichts abgewinnen. Obwohl es Überschneidungen gebe, wäre eine solche Kombination aus ihrer Sicht für die effektive Ausübung des Amtes eher hinderlich. Die Problemlagen bei Antisemitismus und Antiziganismus seien unterschiedlich. Für sie ist es problematisch, dem Antisemitismusbeauftragten auch noch diese Arbeit zuzumuten.
Wer ein Antisemit ist, hat in der Regel auch etwas gegen Muslime sowie Sinti und Roma, sagte der Bundesbeauftragte Klein. Die Geisteshaltung sei dann oft auch mit Frauenverachtung verbunden.
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