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DFB-Frauen gegen die Bundestrainerin vor Besuch vom Bundeskanzler

Während das Verhältnis zu Martina Voss-Tecklenburg die deutschen Fußballerinnen belastet, kommt Olaf Scholz vorbei

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.
Das verlorenen EM-Finale 2022 wird wohl der Höhepunkt für Martina Voss-Tecklenburg als Bundestrainerin bleiben.
Das verlorenen EM-Finale 2022 wird wohl der Höhepunkt für Martina Voss-Tecklenburg als Bundestrainerin bleiben.

Der Hustenanfall kam ganz plötzlich. Gerade hatte sich Lena Oberdorf vor der Glasfront des Melia Hotels Frankfurt City aufgestellt und die erste Frage gehört, als die junge Führungskraft der deutschen Fußballerinnen sich dermaßen kräftig verschluckte, dass darin größtmögliche Symbolwirkung steckte: Die überraschenden öffentlichen Auftritte von Martina Voss-Tecklenburg verursachen bei den DFB-Frauen bei ihrem Neuanfang unter Interimstrainer Horst Hrubesch für die Spiele in der Nations League am kommenden Freitag in Sinsheim gegen Wales und vier Tage später in Reykjavik gegen Island eine gewaltige Verstimmung.

»Es gibt mir ein paar Fragezeichen natürlich. Ich hätte mir da durchaus was anderes gewünscht. Dass man sagt: Okay, wir klären erstmal, was bei der WM passiert ist – und danach in den Erholungsurlaub. Nichtsdestotrotz ist es jetzt so passiert«, sagte die 21-Jährige. Das Mienenspiel der Mittelfeldspielerin vom VfL Wolfsburg zu allen ungeklärten Zukunftsfragen der ranghohen DFB-Angestellten sprach Bände: Das Team hat inzwischen größtmögliche Distanz zu der eigenwilligen Bundestrainerin entwickelt, die sich ihre Zukunft im Verband selbst verbaut. Hinter den Kulissen wird vermutlich mit ihrem Anwalt Christoph Schickhardt die Auflösung des bis 2025 laufenden Vertrags verhandelt, wobei die Angelegenheit auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf denkbar schlecht aussehen ließ, der ja Kenntnis von den Aktivitäten im Erholungsurlaub gehabt haben muss.

Die Spielerinnen wollten nach dem mit 0:2 gegen Dänemark verpatzten Nations-League-Auftakt und dem 4:0 gegen Island beim zweiten Auftritt auf dem Weg zur angestrebten Olympiaqualifikation das Trainerproblem eigentlich loswerden, das nun unter der unbefristeten Übergangslösung Hrubesch wieder auftaucht. »Das ist nicht mein Thema«, erklärte der 72-Jährige schmallippig, der die Vorkommnisse angeblich nicht als Störfeuer betrachtet. Intern ist aber von Knüppeln zwischen den Beinen die Rede.

Kontakt zu Voss-Tecklenburg, der Hrubesch zum Jahresende 2018 eine intakte Gemeinschaft für die WM 2019 übergeben hatte, hat er nicht mehr: »Britta Carlson ist auch da, die die Spiele vorher gemacht hat. Wie das jetzt geregelt ist, das muss der DFB dann entscheiden. Das ist nicht mein Bier. Ich hoffe, dass es letztendlich vier Spiele werden.« Der erneute Notretter möchte auch das entscheidende Rückspiel gegen Dänemark in Rostock am 1. Dezember verantworten, um im Optimalfall im Februar 2024 als Sieger der Gruppe A3 in der Nations League das Endturnier um die zwei freien Olympia-Startplätze zu spielen.

Für Voss-Tecklenburg ist das alles inzwischen weit weg: Die 55-Jährige hatte mit Billigung ihres Arbeitsgebers vor zwei Wochen beim »Forum Intelligentes Bauen« in Bremen über »Teambuilding und Coaching aus der Welt des Sports« gesprochen, dann am vergangenen Donnerstag beim Bayerischen Zahnärztetag in München über »Change Management im Frauenfußball«. Arbeitsrechtlich ist gegen solche in der Regel gut dotierten Vorträge nichts einzuwenden, doch es bleibt die moralische Seite. Dass die nach dem WM-Debakel zunächst krankgeschriebene Cheftrainerin zuerst auf solchen Bühnen spricht, hat mehrere Nationalspielerinnen fassungslos gemacht. Wer nach einer »mentalen und körperlichen Erschöpfung«, wie Ehemann Hermann Tecklenburg den Zustand der Bundestrainerin beschrieb, sofort wieder solches Rampenlicht sucht, sollte eigentlich die Chuzpe aufbringen, sich mit Menschen auszusprechen, die viereinhalb Jahre mit einem durch Höhen und Tiefen gegangen sind.

Von der gestörten Kommunikation mit seiner Vorgängerin hat auch Hrubesch zwar aus Gesprächen teils schon aus Australien erfahren, doch ihm ist das als Erklärung für das WM-Versagen zu wenig. »Ich habe immer versucht, den Mädels auf den Weg zu geben: Sie haben eine Eigenverantwortung.« Dass sich Bundeskanzler Olaf Scholz an diesem Dienstag zum Besuch auf dem DFB-Campus bei einer Trainingseinheit angekündigt hat, empfindet der Interimscoach als »klare Wertschätzung«, denn: »Er ist ja nicht das erste Mal da. Wir werden das genießen.«

Hrubesch geht es die nächsten Tage darum, in Theorie und Praxis eine Spielidee zu übermitteln, die nach der Verunsicherung wieder Halt vermittelt. Weil der Fußball der Frauen »wesentlich schneller, agiler« geworden sei, will er »ein höheres Tempo« sehen. Der zu langsame Spielaufbau soll der Vergangenheit angehören, lange Bälle sind nicht verboten. Gegen Wales und auf Island solle man »voll auf Tore spielen«.

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