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Vor Pokalspiel in Sandhausen: Leverkusen zum Spitzenteam gereift

Bayer Leverkusen muss vor dem DFB-Pokalspiel in Sandhausen Demut üben

  • Daniel Theweleit, Leverkusen
  • Lesedauer: 4 Min.
Florian Wirtz war von Freiburgs Defensive nicht zu stoppen.
Florian Wirtz war von Freiburgs Defensive nicht zu stoppen.

Christian Streich ist nicht dafür bekannt, unmittelbar nach Niederlagen seines Teams den siegreichen Kontrahenten zu feiern. Meist braucht der Trainer des SC Freiburg ein paar Stunden, bis er Gegner nicht mehr als Gegner betrachtet. Am vergangenen Sonntag nach dem 1:2 in Leverkusen geriet er jedoch schon kurz nach dem Abpfiff geradezu ins Schwärmen. Die Werkself sei derzeit »eine der besten Mannschaften in Europa«, mit einem Spieler, der alle Ästheten des Spiels nur begeistern kann. »Florian Wirtz kannst du nicht verteidigen«, sagte Streich, nachdem der 20 Jahre junge Nationalspieler das dominante Spiel seiner Mannschaft mit einem denkwürdigen Torkunstwerk veredelt hatte.

Sein Dribbling mit 13 schiebenden, treibenden, streichelnden Ballkontakten öffnete eine Lücke für den abschließenden Schuss ins Tor. »Das muss man akzeptieren, das ist okay«, sagte Streich danach trocken. Er sei nur froh, dass noch kein englischer Klub diesen Spieler aus der Bundesliga »weggekauft« hätte. Ob auch die Verantwortlichen beim FC Bayern München froh darüber sind, ist weniger klar. In jedem Fall hat sich Bayer Leverkusen mit einem Team ohne gravierende Schwäche und dem vielleicht interessantesten Trainertalent des Weltfußballs zu einem echten Konkurrenten des Serienmeisters im Titelrennen entwickelt.

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Abgesehen vom 2:2 in München haben die Rheinländer alle Spiele der Saison in allen Wettbewerben gewonnen, auch der SV Sandhausen dürfte an diesem Mittwoch im DFB-Pokal kaum eine Chance haben. Denn Xabi Alonso ist ein Trainer, der in jeder Sekunde des Arbeitstages einen unstillbaren Erfolgshunger vorlebt, auch vor Partien gegen kleinere Gegner. Der 41 Jahre alte Spanier habe »einen großen Anspruch und einen gesunden Pragmatismus«, sagt Leverkusens Sportchef Simon Rolfes über Alonso, dem es gelungen ist, eine ganze Reihe unterschiedlicher Spieler auf ein neues Niveau zu heben: Da wäre Stürmer Victor Boniface, der während der ersten neun Spieltage 54-mal aufs gegnerische Tor geschossen hat. Münchens Harry Kane auf Platz zwei dieses Rankings kommt nur auf 36 Abschlüsse. Ähnlich hoch gelobt wird der vom FC Arsenal verpflichtete Granit Xhaka, der dem Team mit seinem strategischen Geschick, Willenskraft sowie Autorität neue Stabilität verleiht und dabei im Mittelfeld vom beinahe genauso starken Weltmeister Exequiel Palacios unterstützt wird.

Auch der aus Mönchengladbach verpflichtete Jonas Hofmann spielt stärker als je zuvor, weil seine »Spielintelligenz«, von der Alonso schwärmt, in einer perfekt harmonierenden Mannschaft besser zur Geltung kommt als bei der Borussia. Sogar das traditionelle Leverkusener Problem auf den Außenpositionen haben Alonso und Rolfes gelöst: Neben der extrem stabilen Dreierkette haben Alejandro Grimaldo (links) sowie Jeremie Frimpong (rechts) viele Freiräume für offensive Aktionen, sind defensiv aber kaum überwindbar.

So spielt Bayer Leverkusen im Augenblick genauso, wie Spitzenfußball in den Augen vieler Beobachter aussehen muss: dominant gegen schlau organisierte und wie verrückt verteidigende Gegner, zugleich strategisch flexibel, defensivstark, hochintensiv und jederzeit fähig, gute Lösungen auf engem Raum zu finden. Denn wenn das atemberaubende Kombinationsspiel mal keine Lücken öffnet, kommt eben einer wie Wirtz und zaubert den entscheidenden Moment mit einer Einzelaktion hervor.

In gut einem Jahr, seit Alonso den glücklosen Gerardo Seoane beim damaligen 17. der Bundesligatabelle abgelöst hatte, ist ein echtes Spitzenteam gewachsen. Durch kluge Transfers und eine beharrliche Entwicklung, vor allem aber durch eine Erfolgsbesessenheit, die Menschen wie Alonso und Xhaka ausstrahlen. Dieser Wesenszug ist tatsächlich neu an diesem Fußballstandort. Nur mit einem Wermutstropfen müssen sie leben: Dieser Kader und dieser beeindruckende Fußball gehören nicht nur in Christian Streichs Augen in die Champions League. Richtig große Duelle wird das Team vorerst aber nicht mehr bestreiten. Gegen die Bayern und Leipzig hat Leverkusen schon gespielt, in der Bundesliga steht in diesem Jahr nur noch das Topspiel gegen Dortmund an.

Die Gegner donnerstags in der Europa League kommen aus Häcken in Schweden, Molde (Norwegen) sowie Baku in Aserbaidschan. Und im DFB-Pokal bekommt es der Ligaprimus mit Sandhausen zu tun. Die Leverkusener müssen also geduldig die Herausforderung lösen, demütig zu bleiben. Was gar nicht so einfach ist bei so viel Schönheit und Qualität.

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