- Politik
- Ukraine-Krieg
Wagner kämpft wieder für Russland
Die Söldner sollen Teil der Nationalgarde werden – unter Führung von Prigoschins Sohn
Seit Monaten wurde in Russland spekuliert, wie es mit der Söldnertruppe Wagner weitergeht. Bereits seit dem erfolglosen Aufstand im Juni hatte sich Wagner aus der Ukraine und Russland nach Belarus zurückgezogen. Nachdem der Söldnerchef Jewgenij Prigoschin mitsamt der Führungsriege von Wagner im August bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, mehrten sich die Stimmen, dass der russische Staat die Geschäfte in Afrika und die Söldner weltweit an sich reißt.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Mitte Oktober hatte die Duma in erster Lesung eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, die zukünftig Freiwilligenverbände in den Reihen der Nationalgarde Rosgwardija erlauben soll. Schon wenige Tage später sollen in Chats von Wagner-Angehörigen die ersten Anwerbeversuche aufgetaucht sein, wurden aber kurz darauf gelöscht.
Am 31. Oktober berichtete das Nachrichtenportal 59.ru aus der Millionenstadt Perm, dass sich Wagner tatsächlich unter der Leitung von Jewgenij Prigoschins Sohn Pawel der Rosgwardija angeschlossen hat. Auch in anderen Regionen wie Nowosibirsk und Jaroslawl wirbt Wagner um neue Söldner, wie lokale Vertreter der Organisation russischen Journalisten bestätigen.
Wagner bestätigt und dementiert
Die zentralen Wagner-Kanäle wollen den Beitritt zur Rosgwardija, die direkt Präsident Wladimir Putin untersteht, nicht kommentieren. Journalisten, die bei Vertretern der Söldner nachfragen wollten, wurden am Telefon abgeblockt. Berichte über neue Anwerbungen wurden auf den Telegram-Kanälen schnell wieder gelöscht. Stattdessen zeigt man Bilder von der Ausbildung belarussischer Soldaten. Auch der Duma-Abgeordnete Alexander Chinschtejn bezeichnete die Nachricht als falsch: »Vom Beitritt des privaten Militärunternehmens zur Rosgwardija kann keine Rede sein. Ehemalige Kämpfer können Verträge als Freiwillige abschließen, aber nur als Einzelperson. Eine Übernahme der Struktur des privaten Militärunternehmens durch die Rosgwardija ist faktisch nicht möglich«, schrieb Chinschtejn auf seinem Telegram-Kanal. Auch auf der Homepage der Rosgwardija gibt es noch keine Informationen über die Wagner-Kämpfer.
Gut möglich, dass man die Gesetzesänderung abwarten will, um den Beitritt der Söldner offiziell zu verkünden. Dem Nachrichtenportal »Waschnyje istorii« erklärte ein Anwerber zumindest, Arbeits- und Vertragsbedingungen seien wie bei Wagner. Dies bedeutet auch die Rückkehr der Wagner-Kämpfer in die Ukraine, wo sie in monatelangen blutigen Kämpfen die Stadt Bachmut für den Kreml eingenommen hatten.
Söldner auch bei Achmat aktiv
Andere ehemalige Wagner-Kämpfer sollen sich der tschetschenischen Achmat-Einheit angeschlossen haben. Am 29. Oktober veröffentlichte der Präsident der Nordkaukasusrepublik, Ramsan Kadyrow, bei Telegram ein Video, indem er die Aufnahme von 170 früheren Söldnern verkündet. Ein auf den ersten Blick ungewöhnlicher Schritt, ist doch Achmat (eine lokale Untereinheit der Rosgwardija) als »Tiktok-Truppe« verschrien, die zwar viele Videos produziert, aber beim Kampf in der Ukraine kaum Erfolge vorweisen konnte. Zudem schickte sich Achmat im Juni an, den Wagner-Aufstand niederzuschlagen, kam jedoch nicht rechtzeitig bei den Söldnern an. Von dieser Konkurrenz will man in Tschetschenien nichts mehr wissen.
»Massenhaft« würden sich ehemalige Wagner-Kämpfer den Tschetschenen anschließen, sagte der Achmat-Komandeur Apty Alaudinow der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Innerhalb von Achmat sollen die ehemaligen Wagnerianer eine eigene Einheit mit dem Namen »Kamerton« (Stimmgabel) bilden, die von Alaudinow freie Hand bekommen habe, schreibt der Kriegsberichterstatter Maxim Koz. Laut Koz befinden sich die »Kamerton«-Söldner bereits in Frontnähe und beteiligen sich teilweise aktiv an den Kämpfen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.