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Der Berliner Molkenmarkt könnte weiter sein
Bausenator Gaebler mahnt mehr Tempo bei den Planungen für Berlins historische Mitte an
»Ein gestraffter Zeitplan ist auch mein Ansinnen«, sagt Bausenator Christian Gaebler (SPD) am Montag im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses. Obwohl Berlin schon lange erbittert um die Bebauung des Molkenmarkts streitet, wird der Spatenstich für das Quartier in Berlins historischer Mitte noch mehrere Jahre auf sich warten lassen. Derweil werfen die bisherigen Manöver des Planungsprozesses ihre Schatten auf das weitere Verfahren.
Eigentlich sollte 2026 mit der Umsetzung der Planungen begonnen werden. 450 Wohnungen sollten dann in einem Quartier »mit flexibel nutzbaren Gebäuden, klimaresilienten Freiräumen sowie einem innovativen Mobilitätskonzept, vielfältigen Kulturangeboten und einem hohen Anspruch an die architektonische und gestalterische Qualität« entstehen. So sieht es der Ende August vorgestellte Rahmenplan vor.
Wichtig war dieser geworden, nachdem im vergangenen Jahr ein Wettbewerbs- und Werkstattverfahren entgegen der Auslobung ohne Sieger beendet worden war. Akten aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die die »Berliner Zeitung« im Rahmen einer Akteneinsicht durch das Informationsfreiheitsgesetz einsehen konnte, belegen nun, wie in der Senatsverwaltung kurz vor dem Abschluss des Verfahrens Dokumente geändert worden sind.
Die Zeitung zitiert aus einer verwaltungsinternen E-Mail unter anderem an Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, in der vier Tage vor der entscheidenden Sitzung des Preisgerichts am 13. September 2022 darüber informiert wird, dass alle Hinweise auf Entscheidungen und Gewinner entfernt und durch »Empfehlungen« geändert worden sind.
Dokumentiert ist auch eine E-Mail der Senatsbaudirektorin, in der sie nach der anscheinend entscheidenden Sitzung am 9. September die Verwaltungsmitarbeiter anweist, die für das Verfahren eingerichtete Webseite abzuändern, sodass dort nichts mehr von Siegern zu lesen ist. Auch die zwei Architektenbüros, denen im August noch angekündigt wurde, dass das siegreiche Team an der Pressekonferenz teilnehmen wird, erfahren am Vorabend, dass ihre Arbeit nur noch als Empfehlung für die weitere Planung dient.
Es geht dabei letztlich auch um die Frage, ob Kahlfeldt als Staatssekretärin gegenüber Parlament und Öffentlichkeit die Unwahrheit gesagt hat, weil sie immer wieder behauptete, dass nie ein Sieger vorgesehen war. Kahlfeldt selbst nahm am Montag nicht an der Ausschusssitzung teil.
Bausenator Gaebler hingegen sagte, einzelne Passagen der Ausschreibung seien nicht immer glücklich gewesen. »Nachdem es Irritationen gab, hat sich die Senatsverwaltung entschieden, für ein klares Wording zu sorgen«, begründete er die verwaltungsinternen Änderungen.
Die Akteneinsicht bestätige, dass Senatsbaudirektorin Kahlfeldt das Verfahren manipuliert habe, sagt hingegen Julian Schwarze, Stadtentwicklungspolitiker der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. »Sie hat nach Gutsherrenart in die Unabhängigkeit der Jury eingegriffen und verhindert, dass ein Siegerentwurf ausgewählt wurde.« Kahlfeldt dürfe künftig nicht mehr für das Verfahren zum Molkenmarkt verantwortlich sein, fordert Schwarze.
Auch Katalin Gennburg, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, fordert Kahlfeldts Entlassung. »Dass sie heute erneut nicht zu dieser wichtigen Debatte im Ausschuss erschienen ist, könnte ein Hinweis darauf sein, dass Bausenator Gaebler endlich ein Machtwort für die Sicherung der Sozialwohnungen hinterm Roten Rathaus gesprochen und sich gegen Kahlfeldts Rekonstruktionsphantasien positioniert hat.«
Das Verfahren ist derweil noch lange nicht vorbei. Unter anderem werden mehrere Machbarkeitsstudien durchgeführt, darunter eine zur Freiraumgestaltung oder zur Energieversorgung des Quartiers. Letztere wird beispielsweise Ende des Jahres in Auftrag gegeben und soll dann Mitte 2024 vorliegen. Auch ein Gestaltungshandbuch für den Molkenmarkt soll noch erarbeitet werden. Gerade über dieses gibt es viele Diskussionen, wird doch befürchtet, dass Senatsbaudirektorin Kahlfeldt hier gestalterische Vorgaben machen will im Sinne einer kleinteiligen Bebauung. Rahmenplan, Machbarkeitsstudien und Gestaltungscharta: Zusammen sollen sie 2024 in eine Charta einfließen, die die Grundlage für die konkreten Wettbewerbe für den Hochbau und die Freiraumgestaltung bilden sollen
Gaebler äußerte sich am Montag kritisch zum Tempo der Planungen. »Das habe ich der Verwaltung auch gesagt, dass mir jetzt noch ein Jahr an einem Gestaltungshandbuch zu arbeiten zu lang ist.« Er hoffe, dass man das deutlich straffen könne.
Blickt man einmal zurück, dann fällt auf, wie viel Zeit die Wendemanöver in der Molkenmarkt-Planung zuletzt gekostet haben. Im Frühjahr 2022 sagte die Senatsbaudirektorin noch, die Charta Molkenmarkt werde im Herbst des Jahres vorliegen. Nun ist von Ende 2024 die Rede. Grünen-Politiker Schwarze sagt dann auch: »Wir hätten hier viel weiter sein können.« Das Problem sei letztlich die Senatsbaudirektorin und »ihre Agenda«.
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