Kein Strom ohne Treibstoff für die Kliniken in Gaza

Hinter den Kulissen verhandeln Ägypten und Katar über den Austausch der Geiseln gegen palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 4 Min.
Szene nach einem israelischen Luftangriff auf ein Flüchtlingscamp am Montag in Gaza.
Szene nach einem israelischen Luftangriff auf ein Flüchtlingscamp am Montag in Gaza.

Die israelischen Architekten Benjamin Idelson und Gerschon Zippor hatten eine Ort des Zusammenlebens von Arabern und Juden im Sinn, als sie Anfang der Achtzigerjahre das Gebäude des Schifa-Krankenhauses im Westen von Gaza-Stadt planten. Doch heute steht die Klinik im Zentrum des Kriegs zwischen Israel und den Terrorgruppen im Gazastreifen.

Die Hamas habe ihre Kommandozentrale direkt unter das Krankenhaus gebaut, behauptet Israels Militär und rückt nun auf das große, verschachtelte Gebäude zu, in dem sich eine große Zahl an Patienten aufhält, davon einige nicht transportfähig. Die Hamas bestreitet die Vorwürfe; der britische Guardian zitierte einen norwegischen Arzt, der jahrelang im Krankenhaus arbeitete, er habe nie eine versteckte Tür oder Bewaffnete gesehen, die irgendwo verschwinden.

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Doch zu sagen hat das nicht viel. Die Hamas hat über die Jahre hinweg ein Tunnelnetz unter der Stadt gebaut, prahlt damit sogar. Falls die Kommandozentrale dort ist, könnte der Eingang auch hunderte Meter weit entfernt sein. Die Kämpfe rund um das Krankenhaus sind heftig; der »Rote Halbmond«, eine Schwesterorganisation des Roten Kreuzes, musste am Montag einen Versuch abbrechen, die transportfähigen Patienten in Richtung Norden zu evakuieren. 32 Patienten seien mittlerweile gestorben, weil die lebensrettenden Geräte aus Strommangel nicht betrieben werden können, teilte die Krankenhausleitung mit. Allerdings: Israels Militär wirft ihr vor, das Angebot einer Treibstofflieferung für die Notstromaggregatoren abgelehnt zu haben. Wer die Wahrheit sagt, lässt sich überhaupt nicht sagen.

Allerdings: Auch das Uno-Hilfswerk für die palästinensischen Flüchtlinge (UNWRA) beklagt, auch die strategischen Treibstoffreserven seien nun erschöpft. Eine Bitte an das israelische Militär, die Vorräte wieder auffüllen zu dürfen, sei nicht beantwortet worden, sagte UNWRA-Chef Philippe Lazzarini der Nachrichtenagentur Reuters. Die Organisation versorgt unter anderem medizinische Einrichtungen und Meerwasserentsalzungsanlagen mit Strom. Außerdem wird Treibstoff gebraucht, um die vielen hundert Tonnen Müll zu beseitigen, die mittlerweile täglich in den Flüchtlingslagern im Süden des Gazastreifen anfallen. Gut eine Millionen Menschen hat sich bislang dorthin gerettet. Ohne Müllentsorgung droht der Ausbruch schwerer Krankheiten wie Cholera.

Der Militäreinsatz hat aber auch zu einem deutlich spürbaren Rückgang der Raketenabschüsse aus dem Gazastreifen geführt: Von knapp unter 1800 Abschüssen in der ersten Kriegswoche ist sie auf 480 in der vergangenen Woche gesunken. Mit Hilfe aus Ägypten und Katar wird weiterhin über einen Gefangenenaustausch verhandelt. Am Wochenende sprachen US-Diplomaten davon, dass bis zu 100 aus Israel entführte Geiseln im Gegenzug für minderjährige und weibliche Gefangene in israelischen Gefängnissen freigelassen werden könnten. Allerdings sagte ein ägyptischer Diplomat im Gespräch mit »nd«, dass die Gespräche ins Stocken geraten seien: Hamas und Islamischer Dschihad hätten den Eindruck geäußert, dass Israels Regierung gar nicht ernsthaft an einem Deal interessiert seien. Beide Organisationen forderten einen Stopp des Vormarsches in den Gazastreifen.

Doch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu lehnt einen Waffenstillstand ab. Allerdings solle es nun pro Tag eine vierstündige Kampfpause geben, um Zivilisten die Flucht und Hilfsorganisationen die Versorgung von Notleidenden zu ermöglichen, teilte das Weiße Haus Ende vergangener Woche mit. Allerdings scheinen diese Pausen zumindest rund um das Schifa-Krankenhaus keinen nennenswerten Effekt zu haben: Hamas und Islamischer Dschihad griffen auch dann weiter an, wenn das israelische Militär die Kämpfe stoppe, so das israelische Militär.

Bei einem Gipfeltreffen der islamischen Staaten in Saudi-Arabien forderten diese erneut eine Waffenruhe sowie ein Ende der Belagerung des Gazastreifens. Doch es waren die Nuancen, die hellhörig machen: Der saudische de-facto Machhaber Kronprinz Mohammad Bin Salman forderte in seiner Ansprache »das Ende aller Kämpfe« sowie »Freilassung aller Gefangenen und Geiseln« – ein deutlicher Hinweis darauf, dass Saudi-Arabien bislang noch nicht mit Israel gebrochen hat und die Tür weiterhin offen hält für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.

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