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Jan Ullrich gesteht Doping. Endlich!
Nach jahrzehntelangem sturen Schweigen gibt der gefallene Radstar Jan Ullrich zu, auch bei seinem Toursieg 1997 gedopt zu haben
Endlich hat er es zugegeben. Bei der Vorstellung der Amazon-Dokumentation »Jan Ullrich – Der Gejagte« in München ließ der ehemalige Radsportstar die Katze aus dem Sack, die längst schon über Straßen, Zeitungsspalten und Internetplattformen streunte. »Ja, ich habe gedopt«, sagte er bei diesem Anlass. Angefangen habe er damit 1996, also kurz nach seinem Start beim damaligen deutschen Modellrennstall Team Telekom. Spätestens nach Aussage von Bjarne Riis, Teamkollege und Vorgänger Ullrichs als Sieger der Tour de France im selben Jahr, dass er bei seinem Erfolg mit Blutdoping nachgeholfen habe, war es ziemlich wahrscheinlich, dass auch der Triumph des deutschen Jahrhunderttalents ein Jahr später auf ähnlicher Basis erfolgte.
Ullrich hatte das bislang stets bestritten, trotz der Blutbeutel mit seinem Blut im Lager von Dopingarzt Eufemiano Fuentes, die die spanische Polizei im Rahmen der berüchtigten Operación Puerto sichergestellt hatte. Auch trotz all der Geständnisse und Teilbekenntnisse zahlreicher damaliger Teamkollegen blieb Ullrich über Jahrzehnte stur. »Ich wollte kein Verräter sein«, begründete er jetzt sein langes Schweigen. Das mag ihn ehren, es ist allerdings vor allem ein Ausdruck von Ganovenehre. Die Mithalunken verrät man eben nicht.
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Von der Halunkenhaftigkeit des Gros der damaligen Berufskollegen ist Ullrich offenbar weiter überzeugt. »Ich wollte mir keinen Vorsprung verschaffen. Damals hat der Radsport ein System gehabt, in das ich reingekommen bin. Für mich war das damals eine Art Chancengleichheit«, betonte er auch jetzt wieder.
Doping war tatsächlich weitverbreitet. Und wer nicht dopte, war offenbar der Depp. Nun ja, ein paar solcher »Deppen« gab es. Den Franzosen Christophe Bassons etwa, der vom Peloton derart gemobbt wurde, dass er vorzeitig die Karriere beendete. Oder den Italiener Filippo Simeoni, nur ein »Halbdepp«, immerhin dopte er ja selbst; aber zumindest gab er es zu und wurde wegen seiner Offenheit vom damaligen Platzhirsch Lance Armstrong bei der Tour de France ganz offen gedemütigt.
Insgesamt war der Dopingbetrug allseits bekannt in der Szene, wie Ullrich jetzt noch einmal bestätigte. »Ohne nachzuhelfen, so war damals die weitverbreitete Wahrnehmung, wäre das so, als würdest du nur mit einem Messer bewaffnet zu einer Schießerei gehen«, erklärte er den letzten Ungläubigen Anfang der Woche im Magazin »Stern«.
Was bleibt nun als Neuigkeit? Immerhin ein Eingeständnis: »Ich habe mich schuldig gemacht, ich fühle mich auch schuldig.« Für das nicht immer einfache Ost-West-Verhältnis auch im Sport lässt sich konstatieren: Der Zögling des Kinder- und Jugendsportsystems der DDR begann das Dopen – zumindest, wenn sein jetziges Eingeständnis umfassend ist – erst im kapitalistischen Profisystem.
Ob er seiner Meriten wie den ersten deutschen Gesamtsieg bei der Tour de France 1997 oder Olympiagold von 2000 verlustig geht, liegt an Regularien und Entscheidungen von Ausrichtern und Verbänden. Die offizielle Verjährungsfrist des IOC von zehn Jahren ist längst überschritten. Ob Ullrich, der ja mit seinem Erfolg den Radsport in Deutschland erst wirklich groß gemacht hat – vergleichbar mit dem Schub, den Tennislegende Boris Becker in diesem Land dem Filzkugelsport verliehen hat –, nach dem späten Eingeständnis nun auch wieder im hiesigen Sportsystem Fuß fassen darf, liegt ebenfalls an den Akteuren. Welcher Rennveranstalter setzt nun vielleicht wieder vermehrt auf Ullrich als Werbefigur und Sympathieträger, der bei Jedermann-Rennen immer noch ein Magnet ist? Welches Team verspricht sich etwas von seiner Expertise?
Wie viel die Radsport-Erfahrungen der 90er und 2000er Jahre im heutigen, sehr verwissenschaftlichten Radsport Wert sind, ist allerdings fraglich. Zu begrüßen ist zumindest auf psychologischer und psychohygienischer Ebene, dass das sture Abblocken Ullrichs ein Ende hat. Damit gibt es Hoffnung, dass einer, der einst Millionen begeisterte, seinen eigenen Weg zurück zum Glück finden kann.
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