Kampfjet Eurofighter soll exportiert werden dürfen

Industrie und IG Metall drängen auf Exportgenehmigungen für das europäische Kampfflugzeug – auch in Länder wie die Türkei und Saudi-Arabien

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.
Wenn es nach dem Willen des Herstellers geht, soll der »Eurofighter Typhoon« bald in weitere Ländern geliefert werden.
Wenn es nach dem Willen des Herstellers geht, soll der »Eurofighter Typhoon« bald in weitere Ländern geliefert werden.

Seit Monaten bittet Saudi-Arabien, bislang der größte Exportkunde für den »Eurofighter Typhoon«, um einen Vertrag zum Kauf weiterer 48 Maschinen. Erfolglos. Olaf Scholz sagt: Das stehe im Moment nicht an, man müsse erst mal abwarten, wie sich »die Dinge da unten im Nahen Osten entwickeln«. Der deutsche Kanzler meinte den Krieg in Gaza, doch unabhängig davon wäre die Regierung in Bezug auf Saudi-Arabien an den Koalitionsvertrag von 2021 gebunden. Zitat: Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.

Der europäische Airbus-Konzern baut den »Eurofighter« in Deutschland und Spanien und kooperiert dabei mit dem britischen BAE Systems sowie Leonardo aus Italien. Berlins »Nein« bringe das seit vier Jahrzehnten bestehende Programm in eine »sehr schwierige Situation«, betonte Airbus-Vorstandschef Guillaume Faury mehrfach und wies absichtsvoll darauf hin, dass die Briten in Deutschland hergestellte Komponenten notfalls alleine produzieren könnten. Solche Investitionen sind aber eher unwahrscheinlich, denn: Die Aussichten, den Jet doch noch zu einem Exportschlager zu machen, tendieren gegen Null. Man hat das Kampfflugzeug weltweit angeboten, fast 20 Nationen, darunter Kanada, Japan und Indien gaben Konkurrenzprodukten den Vorzug. Nun haben auch die saudischen Käufer die »Rafale« des französischen Hersteller Dassault in Augenschein genommen.

Darüber ist Dassault-Chef Eric Trappier nicht so erfreut, wie man glauben könnte. Deutschlands restriktive Exportpolitik, so meint er, überschatte auch Zukunftsprojekte wie das Kampfjetsystem FCAS, das ab 2040 ein EU-Standard-Fighter sein soll. Doch ohne garantierte Exportgenehmigungen, so Trappier, seien solche Rüstungsprogramme nicht wirtschaftlich.

Die Regierung in Berlin verschiebt das Thema auf die EU-Ebene, dort müsse man sich auf eine gemeinsame Rüstungsexportverordnung einigen. Die Türkei ist nicht Mitglied der EU, wohl aber ein wichtiger Akteur in der Nato. Zwar würde Ankara lieber F-16 aus den USA kaufen, doch die Verhandlungen laufen seit Jahren nicht gut. Daher könnte sich Ankaras Luftwaffe auch mit 40 »Eurofighter Typhoon« begnügen. Sogar gebrauchte würde man nehmen. Schließlich will man mit denen nur eine zeitliche Lücke überbrücken. Ab 2028 soll ein von der Türkei entwickelter Kampfjet der fünften Generation fliegen.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Das Thema der möglichen »Eurofighter«-Bestellung schwebte auch über dem jüngsten Besuch von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan in Berlin. Dass man sich dort stur stellte, liegt weniger aber an der türkischen Kriegsbeteiligung in Syrien und Irak. Die jüngsten Attacken Erdoğans wider Israels Gaza-Politik brachten Deutschland als engen Verbündeten Tel Avivs in eine Zwickmühle. Nun gibt es zudem Mutmaßungen, dass Erdoğan die endgültige Zustimmung zum Nato-Beitritt Schwedens – der von der Türkei schon seit 18 Monaten blockiert wird – mit einer deutschen Exportzusage verknüpfen könnte. Ein anderes Szenario ist ebenso problematisch. Noch auf dem Rückflug von Berlin nach Ankara, sagte Erdoğan, man könne natürlich auch »an andere Türen klopfen«. Das weckte die Furcht, die Türkei könnte sich an Moskau wenden. Bereits 2017 kaufte die Türkei russische Flugabwehrsysteme und provozierte so schwerste Spannungen mit den USA.

Es gibt also viele interessierte Seiten, die Deutschland von dem »Eurofighter«-Nein abbringen wollen: die Nato, die am Konsortium beteiligten Staaten, die Industrie und die deutschen Gewerkschaften. Gewarnt wird vor einem Verlust Tausender Arbeitsplätze, denn allein in den 120 wichtigsten Unternehmen der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie gebe es 25 000 zumeist hochqualifizierte Beschäftigte. Im vergangenen Monat hatte die IG-Metall an 20 Standorten gemeinsam mit den Arbeitgebern »Für unsere Sicherheit« demonstriert. Nach Überzeugung der Gewerkschaft gefährdet die Bundesregierung ohne Not die Zukunftsfähigkeit der deutschen militärischen Luftfahrtindustrie und erhöht die Abhängigkeit von den USA. Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall forderte daher einen »Technologiefahrplan für den militärischen Luftfahrzeugbau in Europa«.

Noch ist das Airbus-Werk im oberbayerischen Manching gut ausgelastet. Bis zum Jahr 2030 läuft dort die Produktion des »Eurofighters«. Und dann? Thomas Pretzl, Gesamtbetriebsratschef der Verteidigungssparte von Airbus, fordert die Scholz-Regierung mit Nachdruck auf, ihren Versprechungen Taten folgen zu lassen: »Wer Zeitenwende sagt, der muss auch ›Eurofighter‹ kaufen.« Wenn es der Regierung wirklich ernst ist mit Arbeitsplätzen, dann solle sie die nächste Generation Kampfjets noch in dieser Legislaturperiode in Auftrag geben. Denn: Kaufe man nur noch Flugzeuge und sonstiges Material in den USA, drohe eine gefährliche Unselbständigkeit. Pretzl warnte vor der Möglichkeit, dass Donald Trump wieder US-Präsident werden und die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands von dessen Launen abhängig werde.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -