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Bayern stellt sich nach dem Frankfurt-Debakel Grundsatzfragen
1:5 – beim FC Bayern ist das Entsetzen groß. Bei der Suche nach den Gründen schwingt die Frage mit, ob in der Mannschaft Grundsätzliches nicht stimmt.
Am Sonntag setzte sich das Rätselraten beim FC Bayern unter großer Anteilnahme der eigenen Fans fort, wie es tags zuvor bei Eintracht Frankfurt zu der 1:5 (1:3)-Niederlage kommen konnte. Ein öffentliches Training stand nun auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße an, begonnen wurde es mit rund 35 Minuten Verspätung. Das Üben vor Publikum war eigentlich schon in der vergangenen Woche vorgesehen gewesen. Doch nach den starken Schneefällen in München musste erst das Heimspiel gegen Union Berlin und danach auch die geplante öffentliche Trainingseinheit abgesagt werden.
Im Nachhinein war das aus mehreren Gründen bedauerlich. Erstens konnten bei der Ursachenforschung für den desolaten Auftritt in Frankfurt keine externen Augenzeugen vernommen werden, die ihre Trainingseindrücke hätten schildern können. Und vielleicht hätte sich bei den Bayern beim Üben vor Publikum erst gar nicht solch ein enormer Spannungsabfall eingestellt, der nun in Frankfurt zu besichtigen war.
»Ohne Mumm« sei die Mannschaft aufgetreten, stellte Sportdirektor Christoph Freund entsetzt fest, »ohne Aggressivität, ohne Überzeugung«. Trainer Thomas Tuchel sprach verwundert von einem »herben Rückschlag«, er sagte: »Das Ergebnis ist brutal.« Es habe nicht so ausgesehen, »als wären wir unter Hochspannung«, befand Tuchel weiter. Von Wutausbrüchen sah er aber lieber ab. »Es bringt jetzt nichts, draufzuhauen«, sagte er und verwies auf die Gelegenheit am Dienstag, sich im letzten Gruppenspiel der Champions League bei Manchester United besser zu präsentieren.
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Fürs Achtelfinale sind die Bayern längst qualifiziert, auch als Gruppensieger stehen sie fest. Doch im legendären Old Trafford geht es ums Prestige und nun auch um eine Rehabilitation nach der Klatsche von Frankfurt. In Manchester benötige man jene Tugenden, die man »mangelhaft« umgesetzt habe, so Tuchel. Zwischendurch hatte der Fußballlehrer die Mannschaftsleistung sogar als »ungenügend« bewertet. Übersetzt in Schulnoten bedeutete das: Tugenden fünf, Leistung sechs. Oder auch: Lernziel verfehlt, Versetzung akut gefährdet. Im Fall der Bayern könnte es zumindest mit dem inoffiziellen Herbstmeistertitel schwierig werden. Zu allem Überfluss hatte sich Serge Gnabry kurz nach seiner Einwechselung eine Muskelsehnenverletzung im linken Adduktorenbereich zugezogen. Der Flügelspieler falle »vorerst« aus, teilten die Münchner am Sonntag mit.
Bemerkenswerte individuelle Fehler hatten in Frankfurt maßgeblich beigetragen zu ihrer dritten Niederlage in dieser Saison nach dem 0:3 im Supercup gegen RB Leipzig und dem 1:2 in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken. Vor dem 0:1 durch Omar Marmoush in der zwölften Minute leistete sich Noussair Mazraoui einen völlig verunglückten Befreiungsschlag im eigenen Strafraum, ehe er stehen blieb und so kurz darauf auch noch das Abseits aufhob. Vor Éric Dina Ebimbes 0:2 (31.) ließ sich Minjae Kim den Ball im Zweikampf von Ansgar Knauff abnehmen. Vor Hugo Larssons 0:3 (36.) hatte Joshua Kimmich dem Torschützen im Mittelfeld einen Fehlpass in die Füße gespielt. Kimmichs Rechtsschuss aus 20 Metern zum 1:3 (44.) hätte das Signal für eine Aufholjagd sein können. Doch kurz nach der Pause verlor Innenverteidiger Dayot Upamecano im Aufbau den Ball wie ein übermotiviert losrennender E-Junior, Ebimbe traf zum 1:4 aus Münchner Sicht (50.). Knauffs Tor zum 1:5-Endstand nach einer Stunde weckte Erinnerungen an das Gastspiel der Bayern bei der Eintracht am 2. November 2019, als sie mit dem selben Ergebnis verloren und kurz darauf Trainer Niko Kovac entließen.
Das wird Tuchel jetzt nicht passieren. Aber ihn und die Münchner treibt die Frage um, wie es sein kann, dass die Mannschaft eine solch umfassende Havarie erleidet. Erstaunlich war ja auch, dass es ein Untergang mit Ansage war. Tuchel hatte schon am Freitag wegen der neun spielfreien Tage von der Aufgabe berichtet, »den Spannungsbogen zu halten«. Er hatte gesagt: »Die Ansprache war sehr direkt und sehr auffordernd in dieser Woche. Wir wollten auf jeden Fall, dass niemand einschläft.«
Offenbar hatte ihm aber kaum jemand richtig zugehört, oder noch schlimmer, ihn sogar ignoriert. Bei der Suche nach den Gründen für das 1:5-Rätsel schwingt deshalb auch die Frage mit, ob in der Mannschaft etwas grundsätzlich nicht stimmt. Auf die ungewohnt lange Spielpause allein wollte es Leon Goretzka nicht schieben. Es gebe »viele Erklärungen«, sagte der Mittelfeldspieler im ZDF-Sportstudio mit bewusst gewählter Unschärfe. Fest steht seiner Ansicht nach jedenfalls: »Solche Spiele dürfen Bayern München einfach nicht passieren.«
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