Oldenburger Palme auch vegan lecker

Grünkohl als Wintergemüse lässt sich gut mit eingelegten Tomaten ergänzen

  • Anke Nussbücker
  • Lesedauer: 5 Min.
In einigen deutschen Anbaugebieten wird Grünkohl als Braunkohl bezeichnet, an der Nordsee auch als Friesenpalme.
In einigen deutschen Anbaugebieten wird Grünkohl als Braunkohl bezeichnet, an der Nordsee auch als Friesenpalme.

Besonders in Norddeutschland haben der Anbau und das Verspeisen von Grünkohl mit Pinkel eine lange Tradition. Auch in den Südstaaten der USA pflegen die Nachfahren der aus Afrika verschleppten Sklaven die Zubereitung von grünem Blattgemüse als Bestandteil des sogenannten »Soulfood« (englisch: Seelenkost). Weil die versklavten Afroamerikaner nur über eine geringe Auswahl an Gemüse und Früchten verfügten, war das Kochen mit billigem Schweineschmalz und das Zusetzen von Zucker eine Möglichkeit, dem täglichen Essen Geschmack zu geben. Reichlich Chili beziehungsweise scharfe Paprika waren dabei das wichtigste Gewürz.

In den vergangenen zehn Jahren sind jedoch im Internet immer häufiger amerikanische Food-Bloggerinnen anzutreffen, die das Kochen und Dünsten mit pflanzlichen Fetten wie Olivenöl verbreiten.

Botaniker und Historiker sind sich bislang noch nicht einig, wo das Gemüse Grünkohl ursprünglich beheimatet war. Für die nördliche Herkunft spricht, dass die meisten Kohlsorten in den eher feucht-kühlen Küstengegenden Mittel- und Nordeuropas am besten gedeihen. Noch heute wächst dort der Meerkohl, der dem als Gemüse verwendeten grünen Blattkohl mit seinen stark gekräuselten Blättern recht ähnlich sieht. Möglicherweise wurde der Grünkohl, der auch in Farbvariationen in Lila bis Braun vorkommt, verglichen mit Blumenkohl am wenigsten züchterisch verändert.

So wartet der recht ursprünglich gebliebene Grünkohl mit einem besonders hohen Gehalt an gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen auf, vor allem mit Vitamin C, Folsäure, den Vitaminen B1, B3, B6 und K sowie den Mineralstoffen Calcium, Magnesium und Kalium. Gerade zur Vorbeugung beziehungsweise Verlangsamung eines Knochenschwundes kann der Grünkohl beachtliche Mengen an Calcium beitragen.

Wichtig für die Stabilität der Knochen ist neben einer ausreichenden Versorgung mit Calcium auch eine genügende Zufuhr von Magnesium. Beide Mineralstoffe hängen in ihrer Funktion für Knochen und Muskeln voneinander ab. Dabei sind im erwachsenen menschlichen Körper etwa 1000 Gramm Calcium und 25 Gramm Magnesium vorhanden.

Grünkohl liefert rund 200 Milligramm Calcium und 30 Milligramm Magnesium pro 100 Gramm, ein recht gutes Verhältnis der beiden Mineralstoffe, wobei die Resorptionsfähigkeit des Darms auch zu berücksichtigen ist. Im Allgemeinen werden nur etwa 20 bis 35 Prozent des in der Nahrung enthaltenen Calciums resorbiert. Durch eine gute Versorgung mit den Vitaminen D und K lässt sich die Calcium-Ausnutzung verbessern. Für Magnesium kann der menschliche Organismus die Resorption, die Ausscheidung und den Austausch mit dem Skelettbestand recht lange anpassen, sodass Mangelsymptome, zu denen auch Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen zählen, teils erst spät bemerkt werden.

Grünkohl mit Birne

Zwei Zwiebeln und drei Knoblauchzehen wür­feln, in 4 Esslöffeln Olivenöl glasig dünsten. 400 Gramm Grünkohl gründlich waschen, grobe Stiele entfernen, Kohlblätter in feine Streifen schneiden, zu den Zwiebeln geben, kurz dünsten lassen, bis die Blätter zusammenfallen. Eine Tasse Gemüsebrühe zugeben, mit Kreuzkümmel, Pfeffer, Chili, Oregano und Liebstöckel würzen, bei geschlossenem Deckel circa 15 Minuten garen. Getrocknete und in Öl eingelegte Tomaten klein schneiden, hinzufügen. Zum Schluss eine Birne würfeln, unterheben, weitere fünf Minuten köcheln, abschmecken. Dazu Kartoffelklöße und (vegane) Bratwürstchen. anu

Für die tägliche Zufuhr ist ein Verhältnis von Calcium und Magnesium von 2:1 bis 3:1 anzustreben. Langfristig gesehen ist es ein Fehler, allein Calcium-Tabletten für die Knochengesundheit einzunehmen. Zu empfehlen ist es dann, auch die Magnesiumgabe darauf abzustimmen. Am besten ist dabei die Versorgung mit einer abwechslungsreichen Ernährung mit viel grünem Gemüse, Vollkorn, Nüssen und gelegentlich einer Portion eines Milchproduktes.

Ein Smoothie, der aus frischem Grünkohl mit nur geringem Obstanteil gemixt wird, kann gut zur Versorgung mit Vitaminen und den genannten Mineralstoffen beitragen. Als Rohkost zubereitet bleiben so nahezu alle Vitamine, auch die empfindliche Folsäure für schwangere Frauen, sehr gut erhalten. Für kleine Kinder und ältere Menschen mit verminderter Kaufähigkeit sind Smoothies eine wunderbare Erfindung. Für größere Kinder und Erwachsene ist eher das kurzzeitig gedünstete Gemüse wertvoll, weil es reichlich Ballaststoffe liefert, die einerseits gut sättigen und damit einem Übergewicht vorbeugen können, andererseits einen regelmäßigen Stuhlgang befördern.

Passé sind die Zeiten, in denen Grünkohl stundenlang weich gekocht wurde. Als frisches Gemüse zubereitet, genügt eine Garzeit von 20 Minuten. Anstelle von Speck sind geschmorte Zwiebeln und eingelegte Tomaten gut geeignet. Getrocknete und in Öl eingelegte Tomaten bestechen durch ihren ausgeprägten würzigen Geschmack, da bleiben keine Wünsche offen. Jedoch ist am gemeinsamen Esstisch für Veganer wie für Gemischtesser eine harmoniestiftende Toleranz vonnöten: Alles darf, nichts muss gegessen werden!

Statt aus der Zuckerdose, wie sie auch auf norddeutschen Tafeln bereitsteht, kann das Gemüse für die moderne Ernährung mit süßen Birnen oder süßlichen Äpfeln, in kleine Würfel geschnitten, geschmacklich verfeinert werden. Eine aromatische Zutat, die jedoch mehr Geld kostet als billiger Industriezucker, es sei denn, die Birnen wurden im Herbst als Kompott eingekocht.

Die kurze Erntesaison für Grünkohl dauert von November bis Januar. Sobald er geschnitten wurde, ist er nicht lange lagerfähig. Es ist aber auch eine Zeit, in der hierzulande kaum noch regionale Gemüsearten geerntet werden können. Darum ist es sehr empfehlenswert, dieses gesunde Gemüse nun recht häufig auf den Tisch zu bringen, bevor länger haltbarere Gemüsesorten wie Rotkohl, Sauerkraut, Rote Bete oder Schwarzwurzel wieder mehr zu bevorzugen sind.

Mit seinen wertvollen Inhaltsstoffen wie den Senfölglucosiden werden die anticancerogenen Wirkungen von Grünkohl erklärt. In den letzten Jahren stehen in der Krebsforschung aber nicht mehr nur einzelne Gemüsearten im Fokus, sondern es wird betont, dass allgemein eine überwiegend pflanzliche, ausgewogene Ernährung protektiv wirkt und einem Drittel aller Krebserkrankungen vorbeugen kann.

Dabei ist Grünkohl eine mögliche Zutat für die sogenannte »grüne Komponente« bei der neuerdings beliebten »Grain-Green-Bean-Formel« (Getreide-Grünblatt-Bohnen). Diese besagt, dass der tägliche Speiseplan oder die perfekte Mahlzeit eine Getreideart, ein grünes Blattgemüse und eine Hülsenfruchtsorte beinhalten sollte.

Um die kurze Genusssaison der grünen Blätter zu verlängern, bietet sich die Verarbeitung zu Grünkohlchips an. Dafür werden die Blätter etwas klein gerupft, in Öl frittiert sowie mit Salz, Pfeffer und Chili pikant abgeschmeckt.

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