Putin fordert mehr Geduld mit Teheran
Besuch in Iran ist Rückhalt für Teheran
In Moskau wie in Teheran hatten maßgebliche Politiker und Beobachter die Attentatsgerüchte ohnehin als »unerhörte Provokation« westlicher Geheimdienste und als Störfeuer aus Washington interpretiert. Zu Recht: Putin ist der erste Staatschef einer Weltmacht, der Iran nach der islamischen Revolution 1979 besucht. Sie trieb den Ölstaat, der vor dem Sturz der Monarchie wichtigster Stützpunkt der USA im Mittleren Osten war, zunehmend in die Isolation. Vor allem nach einem fast anderthalb Jahre währenden Geiseldrama in Washingtons Teheraner Botschaft.
1981 brachen die USA die diplomatischen Beziehungen ab, verhängten gegen Iran ein Wirtschaftsembargo und hofften dabei auf Beispielwirkung bei demokratischen Staaten, zu denen sich seit dem Ende der Sowjetunion 1991 auch Russland zählt.
Vergeblich. Während der Zarenzeit zunächst Irans schärfster Konkurrent beim Kampf um die Vorherrschaft im südlichen Kaukasus und im Mittleren Osten, dann neben Großbritannien quasi Kolonialmacht, baute Moskau in der Sowjetära trotz gelegentlicher Trübungen eher freundschaftliche Beziehungen zu Iran auf.
Das postsowjetische Russland setzte diesen Kurs fort. Iran ist einer der wichtigsten Kunden des staatlichen Rüstungsexporteurs Rosoboronexport und hat Beobachterstatus bei der von Russland und China dominierten Shanghai-Organisation, die sich zunehmend als antiwestliches Regionalbündnis in Zentralasien positioniert. Vor allem aber: Russland baut das von einer Siemens-Tochter vor der Islamischen Revolution begonnene Kernkraftwerk in Buschehr am Golf weiter. Washington, das Iran, auch wegen anti-israelischer Ausfälle, Streben nach Atomwaffen unterstellt, lief von Anfang an Sturm gegen das Projekt.
Teheran hingegen behauptet, sein Atomforschungsprogramm diene ausschließlich friedlichen Zwecken. Das Kernkraftwerk solle vor allem den akuten Strommangel beheben. Letzterer ist das Haupthindernis für den Aufbau einer verarbeitenden Industrie. Iran schwimmt förmlich auf Öl, muss, weil Raffinerien fehlen, Benzin jedoch teilweise importieren.
Putin hält Teherans Argumente für glaubwürdig und fordert mehr Geduld mit Iran. Dass der russische Präsident, der seinen Besuch in Teheran mit Rücksicht auf Washington bereits dreimal verschoben hatte, ausgerechnet jetzt, wo der Westen seine Sanktionen verschärfen will, anreiste, rechneten ihm die Gastgeber hoch an.
Zwar war Putins Hauptreisegrund der Gipfel der Kaspi-Anrainer, die bereits fünfzehn Jahre über die einvernehmliche Teilung des weltweitgrößten Binnengewässers und der in seinem Schelf lagernden Öl- und Gasvorkommen streiten.
Doch aus russischen Delegationskreisen war durchgesickert, dass Putin das leidige Kaspi-Thema direkt mit dem Atomstreit verknüpfen werde. Teheran hatte auf eben diese Wendung gehofft und wurde nicht enttäuscht. Keiner der Kaspi-Staaten, so Putin, dürfe sein Territorium als Aufmarschplatz für einen Angriff auf einen der Anrainer zur Verfügung stellen. Deren Streitkräfte würden nicht für einen Überfall auf einen der Unterzeichner eingesetzt.
So steht es auch in der Abschlussdeklaration der fünf Staaten Russland, Iran, Aserbaidshan, Kasachstan und Turkmenistan. Hoffnungen Washingtons, Aserbaidshan in seine Planspiele für eine militärische Lösung des Iran-Problems einzubeziehen, haben sich damit definitiv erledigt.
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