• Politik
  • Eurofighter für Saudi-Arabien

Kampfjets für die Kopf-ab-Diktatur

Bundesregierung will nun doch Export von Eurofighter-Militärflugzeugen an Saudi-Arabien genehmigen

  • Martina Herzog, Jörg Blank
  • Lesedauer: 4 Min.

Saudi-Arabien lässt im Roten Meer Raketen abfangen, die Israel treffen sollen. Dabei nutzt die Golfmonarchie Kampfjets, an deren Herstellung Deutschland beteiligt ist. Weil dies geschieht, nimmt die Bundesregierung nun von ihrer Selbstverpflichtung Abstand, keine Rüstungsgüter an Staaten zu liefern, die Partei im Jemen-Krieg sind: Riad kann auf grünes Licht für die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets hoffen. Entsprechende Aussagen von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) haben die Rückendeckung von Olaf Scholz (SPD). »Ja, der Bundeskanzler teilt diese Einschätzung«, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin.

In Teilen ihrer eigenen Partei kamen Baerbocks Äußerungen weniger gut an. Die Außenministerin hatte am Sonntag bei einem Besuch in Jerusalem gesagt, dass Saudi-Arabien zur Sicherheit Israels und zur Verhinderung eines Flächenbrandes in der Region beitrage, indem es von den jemenitischen Huthis auf Israel abgeschossene Raketen abfange. »Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern für Saudi-Arabien entgegenstellen«, sagte die Grünen-Politikerin.

Die Kampfjets sind ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, an dem Deutschland beteiligt ist und bei dem es deshalb ein Vetorecht bei Exportentscheidungen hat. Gefertigt werden sie in Großbritannien mit Zulieferungen aus Deutschland, Spanien und Italien. Großbritannien wäre zu einer Lieferung an Riad bereit. Unbestätigten Berichten zufolge soll es um 48 Jets gehen.

Bisher hatte die Ampel-Koalition solche Lieferungen wegen der Rolle Saudi-Arabiens im Jemen-Krieg und der Menschenrechtslage in dem Land abgelehnt. Auch die brutale Tötung des saudischen Journalisten und Regierungskritikers Jamal Khashoggi durch ein Spezialkommando im saudischen Konsulat in Istanbul 2018 hallte nach. In ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten SPD, Grüne und FDP: »Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.«

Allerdings hatte Kanzler Scholz schon im vergangenen Juli gesagt, diese Selbstverpflichtung könne wegen einer weitgehenden Einstellung der Kampfhandlungen im Jemen »nicht mehr handlungsleitend« sein. Viele Beteiligte hätten sich aus dem Konflikt zurückgezogen. Eine Entscheidung zur Lieferung von Eurofighter-Jets an Saudi-Arabien stehe indes »absehbar nicht an«, erklärte der der SPD-Politiker damals aber. Und aus Regierungskreisen hieß es, dass diese Entscheidung zunächst bis zur Bundestagswahl im Herbst 2025 gelte.

Zuletzt hatten sich Saudi-Arabien und Israel angenähert – ein Prozess, der mit dem Terrorangriff der Hamas und anderer islamistischer Palästinensergruppen am 7. Oktober auf Israel nicht zum Erliegen kam. Saudi-Arabien nehme seither »eine sehr konstruktive Haltung« gegenüber Israel ein, lobte Regierungssprecher Hebestreit.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts wies darauf hin, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. Derzeit gebe es nur eine saudische Ausschreibung für eine Kampfjetlieferung und Überlegungen Großbritanniens, sich daran zu beteiligen. Wenn die anderen Beteiligten einverstanden seien, könne Großbritannien sich bewerben, erklärte Hebestreit. Hierzu müsste der Bundessicherheitsrat, dem neben Scholz weitere Minister angehören, entscheiden – ebenso wie über eine endgültige Zustimmung, wenn Riad den Auftrag erteilen wolle.

Bei Grünen trifft ist man über den Vorgang nicht begeistert. Parteichefin Ricarda Lang sagte am Montag im RBB-Inforadio, zwar habe sich die Lage seit dem Angriff der Hamas verändert. Mit Blick auf die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien finde sie eine Lieferung von Eurofightern aber nach wie vor falsch. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, sagte dem »Spiegel«, sie erwarte, dass die Bundesregierung bei ihrer ablehnenden Haltung bleibe.

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) räumte in ARD und ZDF zwar ein, dass die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien weiterhin »gar nicht unseren Standards entspricht«, sprach sich aber dennoch für eine mögliche Lieferung aus. »Die saudi-arabischen Abwehrraketen schützen auch Israel.«

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), meinte: »Wer Eurofighter nach Saudi-Arabien exportiert, der muss auch umgehend Taurus-Raketen an die Ukraine liefern«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Scharfe Kritik kam von Linke-Chef Martin Schirdewan. »Wenn das die feministische Außenpolitik der Ampel ist, dann ist eine Umkehr nötig«, sagte er am Montag in Berlin. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.