Trauriger Rekord: 2023 schob Berlin 1370 Menschen ab

Das Land Berlin hat die meisten Abschiebungen seit 2017 durchgeführt

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 2 Min.

1370 Personen hat Berlin im vergangenen Jahr insgesamt abgeschoben. Das geht aus der Senatsantwort auf eine schriftliche Anfrage der AfD-Fraktion hervor. Ein trauriger Rekord: Damit hat das Land die meisten Abschiebungen seit 2017 durchgeführt. Im Vorjahr schob es 897, im Jahr 2021 1005 Menschen in ihre Herkunftsländer ab.

»Auf der einen Seite sind das wahrscheinlich Pandemie-Verzögerungen«, erklärt Emily Barnickel vom Flüchtlingsrat Berlin die Steigerung. Aufgrund der Covid-Pandemie hatten Länder weltweit ihre Grenzen geschlossen, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen – deshalb fielen auch Abschiebeflüge aus.

Doch Barnickel will die Zahlen nicht nur als bürokratisches Abarbeiten deuten, sondern macht auf den politischen Willen hinter behördlichem Handeln aufmerksam. »Wir sehen hier ganz eindeutig, wo die Prioritäten des LEA liegen. Es heißt zwar ›Landeseinwanderungsamt‹, aber es handelt wie ein ›Landesrückführungsamt‹«, sagt sie zu »nd«. Als Beispiel nennt sie die weiterhin monatelangen Wartezeiten, wenn es um Aufenthaltsbelange geht. »Matzanke könnte ja die Mitarbeiter*innen von Abteilung ›R‹ freistellen«, richtet sie sich an den Leiter des LEA.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Dass die schwarz-rote Landesregierung einen großen Einfluss auf die Anzahl durchgeführter Abschiebungen nimmt, ergibt sich aus den Zahlen nicht. Unter Rot-Grün-Rot mit Franziska Giffey (SPD) als Regierende Bürgermeisterin fielen die absoluten Zahlen zwar geringer aus, doch 2016 und 2017, als mit Michael Müller (SPD) ein rot-rot-grüner Senat regierte, lagen die Zahlen mit 2027 beziehungsweise 1645 Abschiebungen deutlich höher.

Bedeutender als die Parteienkombination erscheint da die weltpolitische Lage: 2015 und 2016 erreichten besonders viele Geflüchtete Berlin, zuletzt stiegen die Ankunftszahlen wegen des Ukraine-Krieges wieder an. Barnickel vermutet zudem, dass Berlin angesichts der überfüllten Geflüchtetenunterkünfte auf zügige Abschiebungen setzt. »Darunter muss dann die gewaltbetroffene Frau aus Moldau leiden.« Denn insbesondere Menschen aus Georgien und Moldau, Länder, die mittlerweile als sichere Herkunftsländer eingestuft sind, schiebt Berlin systematisch ab.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.