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An der Urania 4-10 in Berlin: Der Bagger ist schon da
Der Verwaltungsbau von Werner Düttmann dürfte bald abgerissen werden
Die letzten Gerüste sind abgebaut. Auch ein Bagger steht schon vor dem Gebäude An der Urania 4-10. Nächste Woche könnte es so weit sein, der 1967 errichtete Verwaltungsbau des Architekten Werner Düttmann könnte abgerissen werden. »Hier geht Berlin die Chance für ein Modellprojekt verloren«, kritisiert Lena Löhnert am Dienstagabend in der TU Berlin. Sie ist Mitglied einer Initiative, die sich für den Erhalt des Gebäudes einsetzt.
Trotz der vielen Bemühungen, die die Initiative in den vergangenen Monaten unternommen hat und trotz des Zuspruchs, den sie aus der Fachwelt erhalten hat: Den Gebäudedienstleister des Landes, die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), bringt das nicht von den Plänen ab. »Wir haben einen laufenden Prozess und keine Weisung bekommen, diesen Prozess abzubrechen«, sagt Martin Sowinski, Mitglied der Geschäftsleitung der BIM. Es liege ein »bunter Blumenstrauß« an Gründen für einen Abriss vor: die Schadstoffbelastung, statische Probleme, die Wirtschaftlichkeit und das Potenzial eines Neubaus.
Das 1967 errichtete Gebäude an der Ecke Kurfürstenstraße im Schöneberger Norden steht seit dem Auszug des Landesrechnungshofes 2017 leer. Polychlorierte Biphenyle, kurz PCB, ein Schadstoff, der im Kontakt mit der Luft krebserregend ist, steckte in den Fugenmassen. Das ist für Gebäude aus dieser Zeit nicht unüblich. Ebenso wenig, dass der Schadstoff sich in den Beton selbst ausgebreitet hat. »Es sind nicht einzelne Streifen, sondern große Flächen, die hier kontaminiert sind«, sagt Sowinski.
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Die BIM plant nach einer 2018 durchgeführten Machbarkeitsstudie einen Neubau. Er soll wieder Räume für die Verwaltung bieten. Zusätzlich sollen Gastronomie und Einzelhandel in das Erdgeschoss einziehen und auf rund 10 000 Quadratmetern soll Wohnraum entstehen.
Lena Löhnert und ihre Initiative meinen, dass das auch mit einem sanierten Bestandsgebäude möglich wäre. Seit Monaten fordern sie eine Machbarkeitsstudie für den Bestandserhalt von der BIM. Wenn es nach ihnen geht, würde das Gebäude An der Urania zu einem Modellprojekt für den Erhalt von Bestandsgebäuden mit schwierigen Voraussetzungen werden. Im Zuge dessen könnten auch Antworten für andere belastete Gebäude gefunden werden.
Auch das Baukollegium, ein sechsköpfiges Expertengremium, das die Senatsverwaltung berät, hatte sich für eine Machbarkeitsstudie ausgesprochen, die den Bestandserhalt prüft. »Die Welt hat sich seit 2018 verändert«, sagte Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt am Dienstagabend. »Wir machen unseren Frieden mit diesen Räumen und auch mit diesen Häusern.« Doch letztlich könne sie nur reden und werben, sagt Kahlfeldt. Gestoppt werden könne der eingeschlagene Weg nur durch die für die BIM zuständige Senatsfinanzverwaltung.
»Ich finde, jemand, die als Senatsbaudirektorin öffentlich sagt, sie sei dafür, dass dieses Gebäude erhalten wird, ist als Staatssekretärin auch Teil der Regierung. Du hast es zwar gesagt, dass du es versuchst, aber vielleicht nicht nur am Kaffeetisch«, kritisierte Christine Edmaier, bis 2021 Präsidentin der Berliner Architektenkammer.
Am Ende dürfte das Gebäude nicht deswegen abgerissen werden, weil es unumgänglich ist, sondern weil der Weg zum Abriss bereits eingeschlagen wurde. Die BIM kann den Prozess aus Kostengründen nicht unterbrechen oder stoppen. Der Senat müsste für eine Machbarkeitsstudie mit offenem Ausgang zunächst das Geld bereitstellen. Letztlich müsste er sich zu einer politischen Entscheidung durchringen. Hätte man 2017 bereits mit dem gleichen Blick auf den Bestand geschaut, wäre es vielleicht von vornherein anders gelaufen.
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