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Saarlouis: Prozess gegen Neonazi wegen Beihilfe zum Mord
Am 19. September 1991 wurde Samuel Yeboah bei einem Brandanschlag in Saarlouis ermordet
Als im November 2022 der Prozess um den rassistischen Mord an Samuel Yeboah begann, war der Optimismus allenfalls verhalten: Könnte es nach mehr als drei Jahrzehnten wirklich noch gelingen, den tödlichen Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Saarlouis aufzuklären? Heute wissen wir: Es gelang. Und sogar so konsequent, dass von diesem Dienstag an einem weiteren Neonazi wegen des qualvollen Feuertodes des 27-jährigen Ghanaers der Prozess gemacht wird.
Die Bundesanwaltschaft gab sich nicht damit zufrieden, dass Peter Werner S., 52 Jahre alt und einst ein Aktivposten der rechten Skinhead-Szene im Saarland, im Oktober vom Oberlandesgericht in Koblenz verurteilt wurde – als mutmaßlicher Einzeltäter. Sie klagte kurz danach auch seinen Freund und Kameraden Peter St. an. Der heute 54-Jährige war weit über die 90er Jahre hinaus der unangefochtene Anführer der Saarlouiser Neonazis und soll Peter Werner S. zur Tat aufgestachelt haben. Ihm wird deshalb Beihilfe zum Mord zur Last gelegt – sowie zum versuchten Mord an den 20 anderen Menschen, die sich an jenem frühen Morgen des 19. September 1991 in dem ehemaligen Gasthaus »Weißes Ross« in Saarlouis befanden.
Im Kern geht es um einen Satz: »Hier müsste auch mal so was brennen oder passieren.« Gesagt haben soll ihn Peter St., als er am Vorabend des Brandanschlags mit Peter Werner S. in der Kneipe saß und soff. Und nach Ansicht der Bundesanwaltschaft soll dem Kameradschaftsführer bewusst gewesen sein, wie sein treuer Gefolgsmann die Worte aufnehmen würde: dass er losziehen und die Unterkunft anzünden würde. Aber sind die Worte tatsächlich gefallen?
Das behauptet allein der dritte Mann, der bei dem Besäufnis dabei war, der damalige Neonazi und spätere Aussteiger Heiko S. Als Peter Werner S. in seinem Mordprozess überraschend eine Art Geständnis ablegte, bezichtigte er ebendiesen Aussteiger, der Haupttäter gewesen zu sein. Seinem Freund Peter St. stellte der Angeklagte hingegen einen Persilschein aus: Der Kameradschaftschef habe von nichts gewusst. Und auch nie etwas erfahren dürfen, weil er Brandanschläge strikt abgelehnt habe.
Das hielt das Gericht indes für ein arg durchsichtiges Manöver. Heiko S. sei als Aussteiger ein »idealer Sündenbock« gewesen, heißt es im schriftlichen Urteil. Rassistische Ausschreitungen seien in der Szene »frenetisch gefeiert« worden. Auch der Mord an Samuel Yeboah. Und auch, wenn der Anführer dabei gewesen sei. Peter Werner S. habe zu ihm als seinem bewunderten Vorbild aufgeschaut, habe ihm nachgeeifert, die beiden hätten »geradezu unzertrennlich« gewirkt. Zeug*innen aus der Szene sprachen von »absoluter Loyalität«, von einem Verhältnis »wie ein Kopf und ein Arsch« oder wie Hund und Herrchen. Dass der fragliche Satz von Peter St. in der Kneipe gefallen ist und dass er bei seinem Jünger auf fruchtbaren Boden fiel, daran hatte der Senat keinen Zweifel.
Es ist derselbe Staatsschutzsenat, vor dem sich jetzt auch Peter St. verantworten muss. Als Zeuge im Prozess gegen seinen Freund hat er von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht – niemand muss sich vor Gericht selbst belasten. Auch als Angeklagter will der langjährige Neonazi nun wohl schweigen. Das hat sein Verteidiger Wolfgang Stahl, bekannt als Anwalt der NSU-Terroristin Beate Zschäpe, bereits wissen lassen.
Peter Werner S. war mit einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten vergleichsweise glimpflich davongekommen, das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Sollte auch Peter St. verurteilt werden, drohen ihm zwischen drei und 15 Jahren Gefängnis. Anders als sein etwas jüngerer Gesinnungsgenosse hatte er am Tattag seinen 21. Geburtstag bereits hinter sich, es müsste also zwingend Erwachsenenstrafrecht angewendet werden. Für den Prozess sind bislang 18 Verhandlungstage bis Anfang Juni angesetzt.
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