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Rechte Gewalt - Ein vorsichtiger Hauptbelastungszeuge
Zweiter Prozess um rassistischen Brandanschlag 1991: Angeklagter kann auf Entlassung aus Untersuchungshaft hoffen
Es könnte alles an einem einzigen Wort hängen. »Brennen« lautet es – und seit Dienstag ist ziemlich fraglich, ob es vor mehr als 30 Jahren bei einem Kneipenabend dreier Neonazis in Saarlouis gefallen ist. Verhandelt wird darüber vor dem Oberlandesgericht in Koblenz. Im Prozess geht um den rassistischen Mord an Samuel Yeboah am 19. September 1991. Und um die Frage, ob Peter St., der langjährige Chef der rechten Szene in der saarländischen Kleinstadt, dafür eine Mitverantwortung trägt.
Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt, dass St. den Anstoß für den Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft gab, bei dem der 27-jährige Ghanaer einen qualvollen Feuertod starb. Sie hat den 54-Jährigen deshalb im vor einer Woche eröffneten Prozess wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.
Am Vorabend des Anschlags soll St. mit zwei Kameraden in einer Kneipe gesessen, gesoffen und über die rassistischen Gewalttaten gesprochen haben, die im Deutschland der frühen 1990er Jahre bitterer Alltag waren. In Hoyerswerda hatte ein rechter Mob gerade die ersten Molotow-Cocktails auf eine Unterkunft ehemaliger vietnamesischer Vertragsarbeiter*innen geworfen. Laut Anklage verkündete der Neonaziführer von Saarlouis: »Hier müsste auch mal so was brennen oder passieren.«
Sein treuer Gefolgsmann Peter Werner S. soll daraufhin noch in der Nacht losgezogen sein und das frühere Gasthaus »Weißes Ross« angezündet haben, in dem rund 20 Geflüchtete aus Afrika und dem ehemaligen Jugoslawien lebten. Im vergangenen Oktober wurde der Neonazi-Skin wegen Mordes verurteilt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Heiko S., der dritte Mann, der bei dem Besäufnis dabei war, verließ die rechte Szene hingegen wenige Jahre später. Auf seine Aussagen stützt die Bundesanwaltschaft im Wesentlichen ihre Anklage im spät wiederaufgenommenen Ermittlungsverfahren.
Als Heiko S. jetzt als Zeuge vor dem Koblenzer Staatsschutzsenat auftritt, will er von »brennen« freilich nichts mehr wissen. Peter St. habe lediglich gesagt: »Hier müsste auch mal so was passieren.« Er habe das so verstanden, dass die Neonazi-Skinheads von Saarlouis vor der Geflüchtetenunterkunft »Randale machen« sollten. »Denen Angst machen, Scheiben einwerfen.« Auch Molotow-Cocktails werfen? »Wüsste ich nicht.« Bereits in einer seiner polizeilichen Vernehmungen hatte Heiko S. das Wort »brennen« nachträglich durchgestrichen und durch »passieren« ersetzt. An anderen Stellen ließ er es jedoch stehen. »Das habe ich übersehen«, erklärt er nun.
Der Mann, der nach seinem Abschied aus der Szene als »Verräter« angefeindet und auch körperlich attackiert wurde, hält Peter St. zugleich immer noch für »gefährlich«, wie er sagt. Die Frage, ob er deshalb so zurückhaltend aussage, verneint er aber. Ob er dann vielleicht wegen der auch gegen ihn noch laufenden Ermittlungen vorsichtiger geworden sei? Das ist die einzige Frage, die Heiko S. auf Anraten seines Anwalts nicht beantwortet.
Der Verteidigung von Peter St. kann das ohnehin herzlich egal sein. »Der Drops ist gelutscht«, sagt Rechtsanwalt Wolfgang Stahl nach dem Auftritt des Hauptbelastungszeugen und beantragt, seinen Mandanten aus der Untersuchungshaft zu entlassen. »Es gibt keinen dringenden Tatverdacht mehr.« Bundesanwaltschaft und Nebenklage widersprechen dem energisch: Rein gar nichts habe sich geändert, sagen sie. Von einer »Wende im Prozess« könne keine Rede sein. Der Senat will bis zum nächsten Verhandlungstag entscheiden.
Peter St. schweigt vor Gericht. Im Ermittlungsverfahren gegen seinen Freund Peter Werner S. war er gleich dreimal von der Polizei befragt worden. Damals galt er noch als Zeuge, nicht als Beschuldigter. Allzu viel gab er jedoch nicht preis. Er habe eigentlich nur bestätigt, was die Polizei über die rechte Szene von Saarlouis bereits gewusst habe, berichtete am Montag ein leitender Ermittler.
An den Kneipenabend 1991 wollte Peter St. kaum noch Erinnerungen haben. Dennoch habe er bezweifelt, die fraglichen Worte gesprochen zu haben. Auch weil er Brandanschläge, wie er behauptete, als »feige« abgelehnt habe. Aber: Die damals in Deutschland herrschende »Pogromstimmung«, so gab es Peter St. zu Protokoll, die rassistischen Übergriffe und Anschläge auf Geflüchtete – darüber sei in der Szene immer wieder gesprochen worden. »Ich meine, dass das auch in dieser Nacht ein Thema war.« Und: Die Geflüchtetenunterkunft im Ortsteil Fraulautern sei in diesem Sinne für alle Neonazis von Saarlouis ein »Feindobjekt« gewesen.
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